Das Ende des Films ist eine Hommage an die Sorte Geschichte, die
er nicht erzählt. Ein Twist, der, als Twist, nicht seiner Bedeutung
nach, zu den Kriminalromanen passt, die Sarah Morton, die Heldin des Films,
geschrieben hat, mit großem Erfolg. Wir haben sie uns als Ruth Rendell
vorzustellen, die nun ihren ersten Barbara-Vine-Roman verfasst, ein Plot
ohne Twist, ein Psychodrama vielmehr zwischen zwei Frauen in der
französischen Provinz, um Eifersucht und Mord, Sex und Verletzlichkeit.
Das zum einen. Der Twist aber, zuletzt, klärt, was zuvor in einer leicht
zweideutigen Ökonomie der Bilder sich vor allem ahnen ließ: es
geht hier um eine Allegorie des Schreibens eines Kriminalromans; nichts von
dem, was wir gesehen haben, ist wahr - außerhalb jedenfalls der Geschichte,
die nur eine Geschichte ist, auf die wir am Ende sehen, als wäre sie
nicht mehr als eine Geschichte, die die Schriftstellerin, die in ihr die
zentrale Rolle spielt, sich ausgedacht hat.
Das klingt komplizierter als es ist. Vor allem, weil es sich problemlos
trennen lässt, und daher, als Geschichte wie als Meditation übers
Entstehen einer Geschichte, soll es bestehen, taugen sollte. Zwei Frauen,
eine jung, die andere nicht mehr. Ozons Kamera filmt die eine, zunächst,
als Gesicht, als Körper die andere. Nackt im Pool, barbusig, aufdringlich
Julie, sittsam gekleidet, ältliche Jungfer Sarah. Julie, die Männer
anschleppt, einer hässlicher als der andere. Sarah, die sich die Ohren
verstopft, um den Krach nicht zu hören, von unten, beim Sex. Dann aber
Franck, an dem beide Frauen ein Interesse haben, im Tanz - der bei Ozon immer
eine besondere Rolle spielt - artikuliert es sich, an Franck laufen dann
Sex und Crime aufeinander zu. Julie, die ihm am Pool einen bläst, Sarah
wirft, von oben (meist ist sie oben, Julie unten), einen Stein ins Wasser,
eilt davon. Franck, der Kellner im Dorf, ist freilich der uneindeutigste
Signifikant des ganzen Arrangements. Zuvor nämlich sehen wir, als Traum,
als Phantasie Sarahs, jedenfalls: im Bild, Julie und Franck, masturbierend
beide, am Pool. Später eine Wiederholung, leicht verschoben, wieder
fährt die Kamera von den Füßen zum Gesicht - diesmal aber
ist es Sarah, die da liegt und der Mann, der neben ihr steht, ist Marcel,
das Faktotum. Das erste Mal erhält Sarah hier ihren Körper
zurück, eine Rückgewinnung über Wiederholungs- und Spiegelungs-,
ja Identifikationsverhältnisse, die am Ende ihre Erfüllung findet,
als Ablenkung vom Mord, der geschehen ist, wenn Sarah, entblößt,
auf dem Bett liegt, Marcel empfängt. Zwischen wahrer Geschichte, Phantasie,
Fiktion und Begehren ist hier kaum mehr zu unterscheiden. Die Bilder, die
wir sehen, sind nämlich alle echt.
So echt Bilder eben sein können, im Film. Nicht, dass Ozon uns
nicht, von Anfang an, verunsichern wollte. Ins Psychodrama, das er einst
sehr viel intensiver hinbekommen hat, in Regarde la Mer, fügt
er immer wieder Spiegelbilder, die Metaphern sein wollen : Sarah, die Julie
beim Sex beobachtet, durch eine Scheibe, in der neben ihrem Gesicht verschwommen
die Bewegung der Vögelnden zu sehen ist. Sarah, die schreibt, im Spiegel.
Der Swimming Pool, ein ums andere Mal, in dem die Körper sich spiegeln,
ineinander vertauschbar scheinen, Julie, Sarah, Sarah, Julie. Das ist nie
sehr aufdringlich und nie sehr subtil. Der Pool taugt als Screen, der leeren
Seite des Laptops vergleichbar, auf den die Phantasie der Schriftstellerin
- sehr buchstäblich - projiziert wird; als Bild fürs Unbewusste,
aus dem die ganze Geschichte um Eifersucht und Begehren nach oben dringt.
Und dann wieder: nur ein Pool. Nur eine Mordgeschichte. Ozon dreht und wendet
das, am Ende allerdings steht, durch den Twist, alles fest. Sarah hat den
Roman, dessen Verfertigung wir zugesehen haben, fix und fertig in der Hand.
In der Schwebe bleibt nichts.
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