Ein vom Rest der Welt abgeschnittenes riesiges Haus auf einer
der britischen Kanalinseln, bewohnt von einer jungen Frau und ihren beiden
Kindern, Kriegsende, der Mann und Vater vermutlich gefallen. Um das Haus
Nebel, im Haus Dunkelheit, da die Kinder an einer Lichtallergie leiden. Das
ist der Stoff, aus dem Kino-Gruselträume gestrickt werden und sie zu
stricken versteht der junge spanische Regisseur Alejandro Amenabar bestens.
Das hat er schon mit seinem Universitäts-Snuff-Erstling
Tésis bewiesen. Sein Zweitwerk, Abre Los Ojos, von Cameron
Crowe - um einige Ambivalenzen gekürzt - soeben als
Vanilla Sky neu verfilmt,
hat den Horror um überraschende Twists, eine komplexe Struktur und die
Vermischung der Ebenen von Traum und Wirklichkeit bereichert. The
Others, seine erste Hollywoodarbeit, produziert von Tom Cruise, verbindet
nun den straighten Horror von Tésis mit den Twist-Momenten
von Abre Los Ojos, streicht aber, was an Brachialem zuvor quer durch
die Vorgänger schoss, findet so zur Klassizität alter
Horror-Meister.
Die Mittel, mit denen Amenabar dabei den Schrecken produziert, sind
weniger subtil als schlicht: unerklärliche, dunkel rumpelnde Geräusche
genügen zur Grundlegung eines Anfangsgrusels ebenso wie die raunenden
Erzählungen der großen Schwester. Es folgen schrille Geigen und
dräuende Bässe auf der Tonspur (auch die Filmmusik, darin ein Bruder
im Geiste John Carpenters, hat Amenabar selbst komponiert). Ist die Phantasie
des Betrachters so erst einmal zum Vibrieren gebracht, genügt ein schneller
Schnitt, der Paukenschlag des Orchesters und auch der nicht
übermäßig schreckhafte Zuschauer zuckt zusammen. Insgesamt
aber halten sich diese Schock-Momente im Rahmen, denn Amenabar lässt
sich viel Zeit für die Etablierung des Schauplatzes und der dramatis
personae, setzt auf das stille Wabern des Unheimlichen. Als dessen Katalysator
tritt eine Dreiergruppe von unerwartet vor der Haustür stehenden Dienstboten
auf, deren Verhalten rätselhaft und bedrohlich ist und lange
bleibt.
Unter der klaustrophobischen Atmosphäre, hinter der Geschichte,
die vieles unerklärt lässt, ohne dass je der Wunsch nach
Erklärung allzu dringlich wird, lauert, diesen Eindruck versteht der
Film zu erzeugen, ein gespenstisches Geheimnis. Die Volte des Endes, die
alles in ein anderes Licht rückt, ist so einerseits gut vorbereitet.
Das ausführlich eingeführte Motiv erz-katholischer
Höllenvorstellungen (auf der britischen Insel am seltsam verschobenen
Platz), das durch das unchristlich Gespenstische der Vorgänge zuvor
konturiert und konterkariert wird, findet am Ende seine Erfüllung, und
sei es in seiner Widerlegung oder heidnischen Umdeutung. Noch diesen Subtext
freilich trägt der Film mitten auf der Stirn. Die Hinter-Welt bleibt
andererseits doch Produkt einer wenig originellen Effekt-Maschine, das lauernde
Geheimnis unterminiert an keiner Stelle die Leinwand restloser Sichtbarkeit,
auf der Amenabar den Schrecken einträgt. Gewiss nutzt er dabei die Fantasie
des Betrachters, greift zielsicher nach den Angst- und Gruselinstinkten,
verzichtet darauf, den Schrecken splattrig auszumalen. Der Horror von The
Others kreischt (meist) nicht, er flüstert. Subtilität aber
ist was anderes.
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