David Aames ist reich, viel zu reich, und mächtig, ein
Glückskind, dessen Leben der Traum eines verwöhnten Jungen ist,
ein Leben, über das einzig seine Träume dunkle Schatten werfen,
so der erste, der uns präsentiert wird, in dem David Aames durch die
eindrucksvoll leergefegten Straßen von New York City rast, der verlorenste
Mensch der Welt. Es ist aber nur ein Traum, zurück im Leben findet er
sich an der Seite seines Fuck-Buddy Julie Gianni (Cameron Diaz) und eilt
zur Konferenz mit den Seven Dwarfs, den Männern, die ihm den
Mehrheitsanteil an seinem vom Vater geerbten Medienkonzern neiden.
In diesem Anfangs-Szenario spielt Tom Cruise das Klischee einer
Tom-Cruise-Figur, den eitlen, hohlen, selbstverliebten und erfolgreichen
Schönling (und Tom Cruise hat sich diesen Stoff, das Remake von Alejandro
Amenabars Abre Los Ojos, ausgesucht und den Film für seinen
Lieblings-Regisseur Cameron Crowe produziert). Nichts an diesem Charakter
ist interessant und Cameron Crowe, der ein grundanständiger und romantischer
Kerl ist, fällt dazu auch weiter nichts ein, vor allem keine
überzeugenden Dialoge. Mühsam und umständlich entwickelt er
das Viereck zwischen Cruise, seinem Freund David und der gedoppelten Frau:
Sex und nichts weiter auf der einen, Liebe und Romantik auf der anderen Seite
(anders denkt sich Hollywood die Liebe und die Frau sehr selten - interessant
gespalten dazu in das American Girl Cameron Diaz und das Urbild des
Exotischen, Penelope Cruz). Im Übergang von der einen Frau zur anderen,
in der Ablösung vom Narzissmus, so sähe es die übliche Moral
dieser Sorte von Geschichte vor, sollte David Aames zur erwachsenen Person
reifen.
Diese Entwicklung jedoch wird nicht stattfinden (können), sie
wird, wieder und wieder, durch die ungeheuerlichsten Wendungen arretiert,
verschoben, in Schleifenbewegungen, die über eigenes Gewicht gewinnende
Science-Fiction-Apparaturen ausgeführt werden, verunmöglicht werden.
Die Allegorie dieser arretierten Mann-Werdung, das Sich-Verlieren des Narziss
in seinen eigenen Projektionen des Nicht-Narzisstischen: das scheint die
Spur zu sein, der Vanilla Sky mit beträchtlichem Aufwand an
Oberflächeninszenierungen folgt. Ausformuliert wird diese Grundstruktur
nämlich über die mehr und mehr literal werdende
Traum/Wirklichkeit-Differenz, die beinahe eins zu eins bereits bei Amenabar
von Philip K. Dick (und da insbesondere Ubik) herüberkopiert
scheint.
Mehrere Risse gehen durch das Leben von David Aames und das heißt
zuletzt auch: durch die Wirklichkeit, die uns Vanilla Sky
präsentiert: ein erster mit einem katastrophalen Unfall, bei dem
Julie Gianni ums Leben kommt und David Aames schrecklich entstellt wird.
Diesen Riss inszeniert der Film laut und unübersehbar. Ein zweiter wird
erst überspielt, nahtlos wird in den Bildern und der Narration die
Wirklichkeit in den Traum gefädelt, nachträglich erst bekommen
wir Aufklärung (ob wir ihr einfach so glauben können, ist noch
einmal eine weitere Frage). Dieses Verdecken des Saums zwischen den verschiedenen
Realitäts-Ebenen ist das Prinzip des Films, also: die gefakete
Rückblende, die Installation falscher Bilder, deren semi-irrealer
Traum-Charakter erst im nachhinein klar wird.
Dass er (fast) restlos klar wird, ist, als Konzession an Hollywood,
oder eher: als das Hollywood in den Köpfen aller Beteiligten, bedauerlich.
Zuletzt nämlich gibt es eine säuberliche Erklärung für
die Einzelheiten der verschiedenen Aggregatszustände von Realität,
durch die man als Zuschauer gejagt wurde. Ein letztes Irritationsmoment jedoch,
darauf weist nachdrücklich auch
Roger Ebert hin, bleibt: die ersten Worte des Films,
gesprochen, unerklärlicherweise, von Penelope Cruz. Es scheint ganz
so, als sollte sich der so scheinbar sauber zuende gestrickte Filmtext
ausgerechnet vom allerersten Anfang her noch einmal neu aufdröseln
lassen.
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