Wes Anderson: Die Royal Tenenbaums (USA 2001)

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Die Royal Tenenbaums (USA 2001)

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USA 2001

Regie: Wes Anderson

Mit Gene Hackman, Anjelica Houston, Gwyneth Paltrow, Ben Stiller

Lesen Sie auch unsere Kritik zu Wes Andersons Rushmore

 

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Wes Anderson: Die Royal Tenenbaums (USA 2001)
Kritik von Ekkehard Knörer

[Image] 

Tobias Kniebe stellte in der Süddeutschen Zeitung die entscheidende Frage: „Wer sind diese Leute, muss man also fragen, die sich der sublimen Größe dieses Magiers entziehen können?“ Der Magier ist, seiner Meinung nach, der als neues amerikanisches Regie-Genie gefeierte Wes Anderson, die sublime Größe hat er in seinem neuesten Film „The Royal Tenenbaums“ entdeckt. Wer die anderen Leute sind, weiß ich nicht, aber hier ist schon mal einer.

So recht beschreiben kann Kniebe die Faszination Tenenbaum nicht, das räumt er selber ein, entdeckt hat er immerhin „tausend popkulturelle oder komplett private Referenzen“ und es stimmt, die gibt’s, der Film ist übervoll damit. Aber gerade diese Überfülle, diese Wut, mit der jedes einzelne Bild bis an den Rand des Wahrnehmbaren mit nichts weiter als sich selbst bedeutenden Verweisungen (ins Nichts), mit farbenfroher Popkultur ausgestopft wird, stellt sich, andersrum betrachtet, gerade als das größte Problem dar. Sie macht nämlich jede einzelne der Einstellungen zum bloßen Ausstellungsstück, zum Stillleben beinahe, in dem alle Bedeutung, alle Narration, auch die Figuren stillgestellt sind, tote Requisiten.

Diese Requisiten, die die Figuren sind, müssen nun - ganz und gar künstlich und mühevoll - reanimiert werden durch einen Plot, der Wes Anderson im Grunde seines Herzens scheißegal ist, durch Schicksale, mit denen er einen Scherz um den anderen treibt. Unterteilt ist sein Film in acht Kapitel plus Epilog, eingeleitet wird jedes dieser Kapitel durch den Blick auf die ersten Zeilen des Drehbuchs. Der Film selbst ist dann sozusagen nichts als die Fortsetzung des Drehbuchs mit den Mitteln der ins kleinste ausformulierten Bebilderung (und Vertonung: Popmusikreferenzen von Nico, zweimal, bis Nick Drake etc. pp, spielen eine große Rolle), keineswegs etwas, das sich eigenständig voranbewegen könnte, das eine eigene Dynamik hätte.

Abgesehen von der Implosion in den eigenen Bildern und Verweisen (die durchaus beabsichtigt ist), zielt "The Royal Tenenbaums" auf zwei weitere Dinge, eines direkt, das andere indirekt. Was er will, unmittelbar und Bild für Bild, ist Komik. Um die zu erreichen, scheut er keine Skurrilität, vor allem auch: keine Denunziation seiner Protagonisten. Was man Todd Szolondz, der in Wahrheit einfach ein pessimistischer Humanist ist, bei seinem Meisterwerk Happiness immer vorgeworfen hat, gilt stattdessen ohne jede Einschränkung für Wes Anderson: für einen guten Scherz verkauft er nicht nur seine Großmutter, sondern gleich die ganze Familie Tenenbaum.

Ob Chas (Ben Stiller) und seine schreckliche Angst vor einem neuerlichen Unglück (seine Frau ist bei einem Flugzeugabsturz umgekommen, den er und seine zwei Söhne überlebt haben), ob Margot (Gwyneth Paltrow) und ihre Dauerdepression, Royal Tenenbaum (Gene Hackman) und sein Wunsch, seiner Rolle als fürsorgendes Familienoberhaupt nach zwanzig Jahren Totalausfall doch noch gerecht zu werden. All das, diese ganze Familie mit ihren Schrullen, ihren Problemen, ihren Talenten und ihren Versagensängsten, ist nichts (wirklich nichts) als ein Vorwand für Anderson, sich einen ausgefeilten Jux nach dem anderen zu machen. Alles schön bunt hier, aber dahinter stecken eine Eiseskälte und eine Selbstgefälligkeit, die einen richtig wütend machen können.

Andersons letzter unverschämter Coup ist es, aus diesen Simulationen von richtigen Menschen, dieser Parade von Pappkameraden, zu guter Letzt auch noch Momente der Rührung ziehen zu wollen. Gerne würde man sagen: er macht sich über gewisse Hollywoodkonventionen lustig, das Happy End, auf das er seine Figuren zusteuert, ist Satire. Das aber ist nicht der Fall. Anderson glaubt allen Ernstes, den Zuschauern auf einer über die Satire noch einmal hinübersteigenden Ebene ein Mitgefühl entlocken zu können mit seinem durch und durch künstlichen Menschenzoo. Das ist der Punkt, an dem "The Royal Tenenbaums" nicht nur nicht komisch, nicht nur ein Zombie von einem Film ist, sondern auch noch in maßloser Selbstüberschätzung so richtig verlogen.

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