Scherpunkt Asien: Tsui Hark: Time and Tide (HK 2000)

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Time and Tide

Regie: Tsui Hark
 

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Tsui Hark: Time and Tide (HK 2000)
Kritik von Ekkehard Knörer

Time and Tide
zum Hongkong-Schwerpunkt

Jede Nacherzählung des Plots von "Time and Tide" wäre eine Verfälschung, täuschte eine Stringenz vor, die der Film nicht besitzt und nicht besitzen will. Man kann nur Topoi einsammeln, aus dem Hongkong-Kino mehr oder weniger vertraute Motive: die Freundschaft zweier konkurrierender Männer ist das augenfälligste, so verbraucht, dass es fast schon zum Strukturmoment des Genres geworden ist. Nicht das Vorhandensein ist bemerkenswert, nur noch die Variation. Die aber ist hier originell nur in den Anlagerungen und Dopplungen: beide Männer, Jack und Tyler, sind Hüter schwangerer Frauen, der eine wird am Ende das Kind des anderen auf die Welt bringen helfen.

Weitere Plotinseln, die sich zur kontinuierlichen Geschichte nur in der retrospektiven Zusammenschau fügen wollen: ein geplantes Attentat, zu dem Jack gezwungen werden soll, ein anderes Attentat, das er ausführt. Zwei Banden stehen gegeneinander, eine von Bodyguards, eine andere (aus Südamerikanern) mit Mordabsichten. Die beiden Männer stehen, mehr oder weniger intrikat, dazwischen. Gegenstände treiben durchs Bild, eine Spieluhr etwa, viel Geld auch, Waffen. Zwei Showdowns sind es, auf die der Film, von Anfang an, könnte man sagen, hinaus will. Wie das Kino Bollywoods in den Tanzeinlagen zu sich kommt, so der Hongkongfilm in seinen Actionsequenzen. Es ist immer eine Sache der Choreografie, von Körpern, Schnitt und Mise-en-Scène, abgelöst von den Zwängen des erzählerischen Zusammenhangs, weitgehend unbekümmert um das, was Realismus , was Figurenpsychologie heißt.

Weiter als Tsui Hark geht kaum einer in der De-Realisierung, in der rasanten und konsequenten Beschleunigung der Bilder. Das Ergebnis der Beschleunigung ist, zunächst, Abstraktion. Man erkennt Rhythmen, Muster, Abfolgen, Kamerabewegungen. Zerschnittene Räume, fliegende, in Schnittfolgen zerteilte Körper. Es gibt den Kampf, die Verfolgung, das Lauern, aber beinahe als pure Abstraktion: das Wer und Warum treten zurück hinter der schieren Form. Nicht Beweggründe interessieren, nur die Bewegung. Nicht die Absicht, nur die Tat. Nicht das Ende, nur die Gegenwart der Physis. Einer Physis jedoch, der Tsui Hark beikommt mit dem Chirurgenblick der Kamera, dem Chirurgenschnitt der Montage. Das Blut, das fließt, ist Illusion, die letzte sozusagen. Wenn sich die Ortsangaben zweimal im Film in digitale Farbschnipsel zerstäuben: dann ist das sehr viel eher die Wahrheit über dieses Kino.

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