Die Truman Show ist eine durchaus
philosophische Meditation zur Frage nach der Möglichkeit eines richtigen
Lebens im falschen. Truman Burbanks Leben, um das es dabei geht, nämlich
ist so falsch wie ein Leben nur sein kann. Er ist der einzige, der in der
riesigen Fernsehserie, die Truman Show heißt, kein Schauspieler ist
und der Soap-Opera, in der er mitspielt, einen Hauch von Reality-TV gibt.
Dabei ist freilich sein Leben von Anbeginn nicht nur von Kameras begleitet
und auf der ganzen Welt ein Quotenhit, sondern auch inszeniert vom Schöpfer
der Serie, der gottgleich in einem Kontrollzentrum von NASA-Ausmaßen
sitzt und Christof heißt. Was ein wenig in die Irre führt, denn
eigentlich ist er Gottvater selbst, der seinen Sohn Truman in eine Welt ohne
Heil geschickt hat, und sogar, seiner Rechtfertigung zufolge, zu
Erlösungszwecken. Es soll die Menschheit lernen, was Wahrheit,
Aufrichtigkeit und Güte ist, und das ausgerechnet von Truman Burbank,
der hinten und vorne, oben und unten, belogen, betrogen und an der Nase
herumgeführt wird, in einer amerikanischen Alltagshölle, die Seahaven
heißt und in der es Zeitschriften zu kaufen gibt, die Dogfancy
heißen.
Seahaven ist eine singapurische Puppenstube,
offensichtlich gesäubert von allem, was nicht hygienisch, hell und
durchschnittlich ist (man kann dabei zum Beispiel an Tim Burtons Edward
mit den Scherenhänden denken). Das Produkt dieser Welt, Truman,
ist echtes Fleisch von ihrem künstlichen Fleische. Das ist vielleicht
das Infamste und erinnert zugleich an Andrew Niccols
Gattaca mit seiner Hauptfigur,
die den Namen Vincent Freeman trägt - wenn auch nicht klar ist, ob das,
was am Film durchsichtig wird, auch seine Machern durchsichtig war. Denn
Trumans Wünsche und Träume passen eigentlich bestens in diese von
politischer Korrektheit durchsetzte Hölle der Durchschnittlichkeit.
Seine einzige Utopie, in einem sehr ironischen Sinne, da ja der Ort, an dem
er lebt, der Utopos schlechthin ist, besteht im Traum vom Urlaub auf den
Fidschi-Inseln und er jagt einer Traumfrau hinterher, die man einst aus der
Serie streichen mußte, weil sich dummerweise die Schauspielerin als
so dilettantisch erwiesen hat, sich wirklich in Truman zu verlieben und ihm
die Wahr- heit zu erzählen.
Truman taugt zum Idol dieser voll und ganz
infantilisierten Welt, die sich , wie man in immer wieder eingestreuten
Zwischenschnitten sehen kann, nahtlos jenseits der Bildschirme fortsetzt.
Und Jim Carrey ist eine großartige Besetzung. Er gibt den ahnungslosen
Truman als netten und naiven Toren, dessen größter Ehrgeiz in
der Anpassung besteht, im Mitspielen aller Gesellschaftsspiele und
läßt dann, als Truman zu dämmern beginnt, was sich ereignet,
eine Ausdruckslosigkeit und Leere auf seinem Gesicht Platz greifen, die allem
aufklärerischen Pathos, das sich mit solchen Helden sonst gerne verbindet,
sofort allen Wind aus den Segeln nimmt (man vergleiche mal mit
Dark City, ein Film, der so
etwas wie einen Gegenentwurf darstellt und auf den einsamen Helden,
der die Welt am Schluß vom Kopf auf die Füße stellt, nicht
verzichtet).
Die Wahrheit ist, daß Trumans Welt nichts
ist als die Mise en Abyme der großen wirklichen Welt und so
gibt es nicht nur kein richtiges Leben im falschen. Es ist sogar die Utopie
eines Gegenentwurfs verloren gegangen. Es gibt nicht einmal mehr die Idee
eines richtigen Lebens. Hinter der Tür, die aus Trumans Welt
hinausführt (besser sollte man wohl sagen: herausführt), lauert
nichts als eine kitschige Liebesgeschichte, wie sie sich Christof nicht
abgrundloser hätte ausdenken können.
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