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Victor... als es zu spät
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F 1998
Regie: Sandrine Veysset
Mit Jeremie Chaix, Lydia Andrei
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KRITIK
Es gibt hier keine Geschichte, sie muss in Andeutungen verbleiben,
die ins Unscharfe, Schwarze hinein verlaufen wie viele Bilder dieses Films.
Es gibt nur ein Zentrum: die merkwürdige Zweierbeziehung, Liebe zwischen
der Prostituierten und dem kleinen Jungen. Die Struktur der Prostitution
wiederholt sich in der Form einer Erlösung: der Junge wird zu ihr gebracht,
aber was er braucht, ist Schutz, was er gibt, ist Vertrauen. Zwei Unbehauste,
die zueinander finden.
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Sandrine Veysset konzentriert sich ganz auf
die beiden. Es git Ränder, Personen, die hineinspielen, wichtig als
Reflexionen der Variationsformen menschlicher Beziehungen: die Freier, die
mütterliche Freundin, die Last der Vergangenheit, der Familie. Aber
bis zum Blackout kennt die Kamera, kennt dieser Film letztlich nur die beiden.
Es ist dann durchaus eine Schwäche, dass die Vorgeschichte der Heldin
stark, zu viele Erklärungen anbietend, hineinspielt. Konsequent dagegen
die ständige Dunkelheit, die Filter, die eine merkwürdige
Zwischenreich-Atmosphäre erzeugen, die das Interim, das diese Beziehung
darstellt, auf der visuellen Ebene aufnimmt.
Mittendrin tut sich ein weiterer Freiheitsraum auf, die Freundschaft
mit dem Nachbarsjungen, die Lust an der Verkleidung (der auch ein
zerstörerisches Moment innewohnt) im neuen Refugium. Wieder eine Mutter,
die als Realitätsprinzip auftritt, diesem Glück ein Ende macht.
Darum könnte es diesem Film (als Traum) auch gehen: die Reformulierung
einer Mutter-Sohn-Beziehungen, eine entnaturalisierte Dyade, die in dieser
Entnaturalisierung Gleichwertigkeit, Gegenseitigkeit ermöglicht. Es
ist so nicht der Traum des Jungen (wie etwa in 'Sie küssten und sie
schlugen ihn'), sondern der Traum der Prostituierten, der, ein Wunder, aber
anders wäre es auch nicht möglich, ein Kind zuläuft. Oder
eher: zugeführt von einem Mann, den sie beinahe liebt, darin wird die
Erweiterung des Phantasmas zur komplett rearrangierten Kernfamilie angedeutet.
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Um die Öffnung der Realität (90 Minuten lang) für
diesen phantasmatischen Raum, dieses Umträumen der Familie, geht es
dem Film. Er ist am Anfang und am Ende offen, auch der Plot muss im Zustand
des Unabgeschlossenen, des Unerklärten verbleiben, um dieses
unmögliche Zwischen wirklich werden zu lassen.
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