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Limbo - Wenn der Nebel sich lichtet

Regie: John Sayles
USA 1999
Darsteller:
Mary Elizabeth Mastrantonio
David Strathairn
Kris Kristofferson
Kamera:
Haskell Wexler

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Limbo. John Sayles. Wenn der Nebel sich lichtet.

Limbo. John Sayles. Wenn der Nebel sich lichtet

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....... Keiner erzählt Kinogeschichten wie John Sayles. Robert Altman hat ein Faible fürs Episodische, Jim Jarmusch für die Langsamkeit, aber nur John Sayles macht diese Art von Erzählkino, die man altmodisch nennen würde, wenn es das denn je zuvor gegeben hätte. Sayles ignoriert alle Drehbuchschulen-Dreiaktigkeit einfach, seine Plots spotten jeder narrativen Konvention. In gewisser Weise dreht er Romane, das Kino-Äquivalent dessen, was als Literatur Roman ist - und zwar im Gegensatz zur Novelle und ihrer unerhörten Begebenheit.
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Wie in seinen anderen Filmen ist auch in 'Limbo' (der deutsche Titel macht keinen rechten Sinn und man muß das Publikum nicht für dumm verkaufen) die präsentierte Welt sofort überreich ausgestattet: mit Figuren, Geschichten, Episoden. Es ist bezeichnend, daß gleich zu Beginn, als die Entwicklung der Geschichte noch völlig offen ist, der spätere Protagonist wie zufällig im Hintergrund durchs Bild läuft, wie unbeabsichtigt, einer von vielen, für die der Film sich zuerst interessiert. Es gibt nur ein Erzähl-Prinzip: das der Kontingenz. Aus dem Miteinander der Figuren entstehen hier und dort Verknotungen, Verknüpfungen, von denen aus weitererzählt wird. Es ist die Mimesis an den Dokumentarfilm: ein Berichterstatter nähert sich einer ihm fremden Welt (und in der Tat recherchiert John Sayles seine in ganz unterschiedlichen Milieus spielenden Geschichten offensichtlich erst einmal sehr genau), beobachtet dies und jenes und konzentriert sich dann auf eine Person, eine Geschichte. Die Verdichtung geschieht hier beinahe unmerklich, zunächst werden immer noch andere Figuren dazwischengeschnitten. Tatsächlich erzählt Sayles in Schnitten, nicht kontinuierlich, sondern schichtend, durch nachträgliche Erläuterung, das Einholen von Vergangenheit geschieht in aller Ruhe. Und mitunter wird auch gar nichts erklärt, sondern einfach nur stehengelassen, ohne den Reim, den man sich darauf machen kann und auch nicht.
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'Limbo', Sayles stärkster Film seit 'Passion Fish', ist von völlig unspektakulärer, aber erstaunlicher erzählerischer Dreistigkeit. Zuerst entfaltet er, in epischer Breite, das Panorama einer heruntergekommenen Stadt im Norden der USA, in der die Leute einst von der Fischerei lebten, jetzt aber zum großen Teil perspektivlos sind. Einige Personen werden recht ausführlich eingeführt: ein Lesbenpaar, das einen schweren Stand hat, mehrere Männer, die schon bessere Tage gesehen haben. Nach und nach erfährt man von ihren Schicksalen, stellt sich darauf ein, mit ihnen den Rest des Films zu verbringen - doch unmerklich verengt und verdichtet sich die Darstellung auf drei Personen: den schwermütigen John Castineau, die erfolglose Country-Sängerin mit dem katastrophalen Männergeschmack und ihre selbstmordgefährdete Tochter. Und in der Mitte des Films begeben sich die drei (mit Castineaus Bruder) auf ein Segelboot und lassen den zuvor etablierten Kosmos hinter sich, ohne daß der Film (mit einer kleinen, wenn auch nicht unwichtigen Ausnahme) noch einmal darauf zurückkäme. In einer ersten Wendung mutiert der Film darauf zum spannenden Thriller, in einer zweiten zur Robinsonade als Psychodrama. Erstaunlicherweise geht das völlig in Ordnung. Ist Unvorhersehbarkeit als narratives Prinzip erst einmal etabliert, ist alles erlaubt, solange es gut ist. Auch in seinen schwächeren Filmen ('Das Geheimnis des Seehundbabys' etwa) führt John Sayles das souverän vor und in seinen Meisterwerken, wie 'Passion Fish' oder 'Limbo', reibt man sich verwundert die Augen und fragt sich, warum in Hollywood keiner (oder kaum einer) sonst auf die Idee kommt, die Lehrbücher Lehrbücher sein zu lassen und ins offene Meer hinauszusegeln, auf eigenes Risiko. Es sind dort Momente des Glücks möglich, die einen ganz ungeschützt treffen, Augenblicke der Wahrheit, die ohne alles Pathos berühren - ohne daß die übliche Effektmaschinerie in Gang gesetzt werden müßte. Zu sagen, wie das genau funktioniert, geht über die Fähigkeiten dieses Kritikers. Es bleibt nur die Empfehlung, selber zu sehen.


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