Steven Spielberg: Catch Me If You Can (USA 2002)

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Steven Spielberg: Catch Me If You Can (USA 2002)
Kritik v
on Ulrike Mattern

 

Heiteres Beruferaten mit Leo

In der Kunst der Täuschung übt sich Leonardo DiCaprio in Steven Spielbergs "Catch me if you can".

"Come fly with me", singt Frank Sinatra in dem meisterhaft im 60er-Jahre-Look gehaltenen Film. Frank W. Abagnale (DiCaprio), gerade mal 16 Jahre alt und nach der Trennung der Eltern aus der Bahn geraten, nimmt die Aufforderung zum Fliegen wörtlich. In einer ergaunerten Uniform, ähnlich dem „Hauptmann von Köpenick“, reist er als Pilot durch die Vereinigten Staaten. Er verschafft sich mit diesem Auftritt Respekt und mit gefälschten Schecks etliche Millionen, die man ihm landesweit an den Schaltern der Banken auf Grund seines seriösen Outfits - und charmanter Überzeugungskünste bei den weiblichen Angestellten - auszahlt. Wer als Pilot reüssiert, geht auch als Lehrer, Arzt und Anwalt durch. So schwindelte sich der jugendliche Delinquent ohne Ausbildung von 1964 bis 1969 in gesellschaftlich angesehenen Berufen durchs Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Eine wahre Geschichte, die Frank Abagnale 1980 als Autobiografie veröffentlichte. Da war er bereits wieder aus dem Knast raus, in den ihn FBI-Agent Carl Hanratty - im Film verkörpert von Tom Hanks - nach einem fünf Jahre andauernden Katz-und-Maus-Spiel verfrachtete. Abagnales kriminelle Energie wurde von der Bundesbehörde so geschätzt, dass sie ihn für die eigenen Reihen zwangsverpflichteten. Der Trickbetrüger wurde vorzeitig aus der Haft entlassen, um den Rest seiner Strafe beim FBI abzuarbeiten.

"Titanic"-Held DiCaprio verkörpert den Teenager, der die Kunst der Irreführung wie kein zweiter beherrscht, mit Nonchalance. Vom 16-jährigen pausbäckigen Spund entwickelt er sich nach der Scheidung der Eltern zum ausgebufften Ganoven, der vor dem Spiegel den überzeugenden Auftritt probt. Chamäleonartig wandelt er sich vom Pan-Am-Piloten zum Arzt, der den medizinischen Fachjargon anhand von Fernsehserien trainiert. Als er den Vater (Martin Sheen) seiner zukünftigen Frau kennen lernt, findet er Gefallen an einem neuen Berufsstand: Als Anwalt tritt er in die Kanzlei des Schwiegervaters ein.

Wie Woody Allen in "Zelig", Robert Redford und Paul Newman in "Der Clou" oder die Panzerknacker in "Ocean’s Eleven" unterläuft Leonardo DiCaprio in "Catch me if you can" den amerikanischen Traum vom ehrbaren Aufstieg. Warum durch harte Arbeit vom Tellerwäscher zum Millionär werden, wenn es durch Betrügereien viel schneller geht? 2,5 Millionen Dollar erschwindelt Frank im Laufe seiner "Karriere". Und wie bei den genannten Analogien liegt die Sympathie des Zuschauers in der Gaunerkomödie eindeutig auf der Seite des charmanten Betrügers.

Aber wir befinden uns in einem Film des dreifachen Oscar-Preisträgers Steven Spielberg, der die Werte des bürgerlichen Familienglücks hoch schätzt. Das hat er in seinen letzten Produktionen ("A. I. - Künstliche Intelligenz" und "Minority Report") mit kaum zu übersehender Penetranz ins Bild gerückt (erinnert sei an den dicken Bauch der schwangeren Frau von Darsteller Tom Cruise in der letzten Einstellung, der auch gutmütige Rezensenten zum Kotzen brachte). Daher wurde aus der amüsanten, poppig kolorierten Kriminalkomödie auch eine melodramatische Familiengeschichte.

Frank scheffelt die Millionen nicht nur zum persönlichen Wohlbefinden, sondern sieht die Dollar auch als Mittel zum Zweck: zur Versöhnung des finanziell ruinierten Vaters (Christopher Walken) mit seiner materiell anspruchsvollen Frau (Nathalie Baye). Die Realität ignoriert der harmoniesüchtige Sohn dabei: Die Mutter ist bereits zum zweiten Mal verheiratet und zelebriert ihr neues Eheglück mit Mann und Tochter im Bilderbuch-Heim.

Über das Filmplakat zum farbenfrohen Slapstick-Movie huschen zwei Gestalten: DiCaprio und sein ewiger Verfolger, der humorlose Workaholic Tom Hanks, dessen einziges Ziel der "Fang" des Teenagers wird. Beim ersten Treffen führt Abagnale den Beamten dermaßen an der Nase herum, dass die Verbrecherjagd zum persönlichen Rachefeldzug des bloßgestellten Bürokraten wird. Für Frank wiederum entwickelt sich Carl zum Bezugspunkt in einem unsteten Leben, dessen ständiger Balanceakt im Grenzbereich der Legalität ihn sozial isoliert. Am Ende weist vieles darauf hin, dass ein überforderter Teenager in seinem Schattendasein auf Erlösung hofft. Zu viele Hinweise streut er, die ihn in die Hände der Polizei spielen. Wenn er dann, nach einigen Jahren Gefängnis, als Mitarbeiter des FBIs auf den mausgrauen Korridoren herum läuft, kaum zu unterscheiden von den ebenso mausgrauen Kollegen, weiß man als Zuschauer nicht, ob Steven Spielberg sich eine besonders zynische Variante der Bestrafung ausgedacht hat oder ob diese Facette aus der Autobiografie Abagnales einfach authentisch nacherzählt wurde.

Wie auch immer, als Beobachter im sicheren Kinosessel verlässt man das Lichtspieltheater mit verschmitztem Grinsen und Sympathie für einen Outlaw, der die (Polizei-)Puppen stilvoll zum Tanzen brachte.

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