Groß waren die Erwartungen an Hideo Nakatas neuen Horrorfilm,
nachdem sein Blockbuster The Ring (s.
unsere Kritik) völlig unerwartet
dem ganzen Genre einen neuen Schub gegeben hatte. Die Sequels, Quasi-Sequels,
Quasi-Remakes etc. kann man kaum noch überblicken - und dieses Jahr
wird auch das US-Remake mit keiner geringeren als Naomi Watts, dem neuen
Star aus Mulholland Drive, in der Hauptrolle in die amerikanischen und wohl
auch deutschen Kinos kommen.
Leider ist Dark Water (auch hier sind die Remake-Rechte bereits
an die USA gegangen), um es kurz zu machen, eine Enttäuschung. Wiederum,
wie bei The Ring, hat Nakata eine Vorlage (mehrere Kurzgeschichten)
des Autors Koji Suzuki verfilmt - was man vermisst, ist jedoch der leiseste
Hauch von Originalität. Dark Water ist kaum mehr als eine bloße
Variation der vorhandenen Horror-Muster. Erfreulich ist es erst einmal, dass
Nakata aus seiner Erfolgsspur auszubrechen versucht und diesmal nicht Teenager
ins Zentrum stellt, sondern eine alleinerziehende Mutter mit ihrer Tochter
im Kindergartenalter. Der Hintergrund der Geschichte ist ein sich hinziehender
Sorgerechtsstreit um das Kind, die Mutter gerät, auf der zeitraubenden
Suche nach einer neuen Wohnung und einem neuen Job, vor der zuständigen
Behörde in Bedrängnis.
Umstandslos wie eher selten im Genre ist der heraufziehende Horror
die Manifestation einer klar benennbaren Angst: nämlich der Mutter vor
dem Verlust der Tochter. Der Geist, der erscheinen wird, ist der eines wegen
Vernachlässigung tödlich verunglückten Kindes, das in der
Wohnung über dem gerade neu bezogenen Apartment von Mutter und Tochter
gelebt hat. Ein ominöser Wasserfleck an der Decke ist das erste Symptom
der sich bald ausweitenden Erscheinungen (das Motiv ist im übrigen auch
in der Darstellung fast identisch mit dem in Tsai Ming-liangs ganz anders
geartetem Film Der Fluss),
Wasser stürzt als zentrales Motiv bereits in den ersten Einstellungen
vom Himmel, am Ende strömt und schwallt und sprudelt es, erwartbar,
allüberall.
Die Schocks, die meist ans schaurige Leitmotiv einer roten Kindertasche
geknüpft werden, setzt Dark Water kompetent, mehr nicht. Die
Schlinge zieht sich zu, auf beiden Ebenen der Verlustangst: der Vater gewinnt
Boden und der Schauer aus dem Appartment im oberen Stockwerk Überhand.
Auf einen Moment der Beruhigung und scheinbaren Befriedung folgt der Schlussakt,
mit vermehrten und immer manifesteren Auftritten des toten Kindes, mit nochmals
verstärkter Wasserproduktion. Auch auf der Tonspur tut sich nur
Altbekanntes, ein Horrorscore der zwar mal für mal wirksamen, aber
höchst vertrauten Art.
Geschickt gewählt ist, immerhin, der Schauplatz, eine
gesichtslos-hässliche Beton-Mietskaserne, deren lange Gänge schummrig
und von real existierenden Bewohnern unbevölkert bleiben. Angenehm
fällt die Sorgfalt auf, mit der Nakata Atmosphäre zu erzeugen versucht,
die Ruhe, mit der er Situation und Schauplätze etabliert. Sichtbar zielt
er nach der Innovation, die The Ring war, hier auf Klassizität.
Auf originelle Wendungen und sonstige Überraschungen hätte er
dafür freilich nicht verzichten sollen.
zur Jump Cut Startseite
|