Alan Parker, bereits in den siebziger Jahren mit Filmen wie
Midnight Express oder Birdy zu Weltruhm gekommen,
will im diesjaerigen Berlinale Wettbewerbsbeitrag Das Leben des David
Gale zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, einerseits konventioneller
Thriller, andererseits engagiertes Politkino sein. Ums deutlich zu sagen:
das Unterfangen misslingt an beiden Fronten gruendlich.
Ort der Handlung ist Texas, Huntsville, unweit von Austin, dem libertaeren
Zentrum des riesenhaften Staates, in dem vieles amerikanischer ist als anderswo
in Amerika. Auch was die Vollstreckung der Todesstrafe angeht, nimmt Texas
eine Sonderstellung ein. Man ist hier eben stolz auf seine Traditionen.
Alan Parker haengt seinen Film an einem Thrillerplot auf, der etliche
ziemlich abstruse Wendungen bereithaelt und vor allem strukturell enttaescht.
Schon die eroeffnende Einstellung, Kate Winslet rennt mit einer Videokassette
in der Hand eine einsame Landstrasse entlang, laesst erahnen, wie viel Wert
Parker auf die Dynamik des Plots legen wird. Umso ueberraschender, wenn kurze
Zeit spaeter die lineare Handlungsebene zugunsten mit fortschreitender Zeit
immer weniger motiviert scheinenden Flashbacks zersetzt wird. Funktionieren
zumindest die einzelnen Sequenzen fuer sich zunaechst genommen noch recht
gut, faellt in der zweiten Haelfte des Films beinahe alles auseinander.
Die eigentliche Ueberraschung besteht darin, dass man bei einem Routinier
wie Parker nicht vermuten wuerde, dass gerade handwerkliche, sprich
dramaturgische Schwaechen derart deutlich auftreten wuerden. Klar zeigt man
da mit dem Finger schnell auf den Drehbuchautor, doch man wird das Gefuehl
nicht so recht los, dass man etliche Szenen erst vor Ort umgearbeitet hat.
Zu billig sind die Mittel, mit denen dramaturgische Probleme, oft ausschliesslich
ueber die Dialogebene geloest werden.
Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf die Haltung des Films, die
Parker offensichtlich (im Presseheft beschaeftigt er sich untypischerweise
fast ausschliesslich mit dieser inhaltlich-thematischen Ebene) so ueberaus
wichtig ist. Das schürt natürlich auch Erwartungen und letztlich
muss Parker sich an seinen eigenen Ansprüchen messen lassen. Exemplarisch
sei dabei der dramatische Hoehepunkt herausgegriffen, in der Kate Winslet
das Rennen gegen die Zeit verliert, David Gale exekutiert wird und die Gegner
und Befuerworter der Todesstrafe, wie Fangruppierungen von Fussballvereinen
vor dem Staatsgefaengnis aufmarschieren. Mittendrin natuerlich die unvermeidliche
Reporterschar. Mit schnellen Schnitten werden der Vollstreckungsapparat,
die Medienmaschine und die sich hetzende Kate gegeneinander ausgespielt,
im wahrsten Sinne des Wortes. Was bleibt, sind Allgemeinplaetze und die
Erkenntnis, dass nicht immer der Zweck die Mittel heiligt.
weitere Kritik von
Ekkehard Knörer
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