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Die purpurnen Flüsse
F 2000
Regie: Mathieu Kassovitz
Mit Jean Reno, Vincent Kassel, Nadia Fares
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KRITIK
Die Kamera lässt kein Detail der Leiche aus, schweift mit der
Genauigkeit eines Gerichtsmediziners über die blasse, geschundene Totenhaut,
blendet ungenierte Nahaufnahmen ineinander. Diese Anfangsminuten des
französischen Thrillers "Die purpurnen Flüsse" könnten Symbol
für den ganzen Film sein: Er belästigt uns in kriminologischem
Eifer mit Einzelheiten, verwehrt aber den Blick aufs Ganze. Weil das so leblos,
farblos und gefühllos ist wie jene Leiche.
In den französischen Alpen wird sie entdeckt, in Fötalposition
an einer Steilwand aufgeknüpft, die Hände bei lebendigem Leib
abgeschnitten, die Augen entfernt. Hinter den Lidern befindet sich Regenwasser.
Derlei Bestialitäten sind im Kino zum Tagesgeschäft geworden. Wir
wissen, dass ihre Aufklärung den Scharfsinn eines alten Hasen erfordert.
Diesmal gibt Jean Reno die schweigsame Polizei-Legende. Dass er Franzose
ist, macht seine Figur des Kommissar Niémans nicht
origineller.
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Sein "Buddy", oder besser Kompagnon, scheint dem gleichen Lehrbuch
entnommen: Vincent Cassel ("Dobermann") reproduziert den Typus
"temperamentvoller, respektloser Jungspund". Er spielt Kommissar Max Kerkerian,
der 300 Kilometer entfernt einen Fall von Grabschändung bearbeitet.
Der lose konstruierte Zusammenhang zwischen beider Ermittlungen führt
Niémans und Kerkerian zusammen. Da bis zu dieser Überschneidung
schon eine gute Stunde Film vergangen ist, glaubt man sich noch immer in
der Einleitung.
Zumal beide Polizisten bisher nur Details herausgefunden haben, die
nicht bloß unwichtig scheinen, sondern es auch sind. Am Ende führt
ohnehin ein einziges Indiz zum Täter - und das lag schon zu Anfang direkt
vor der Nase der Ermittler. Statt dessen trotten beide von Nichtigkeit zu
Nichtigkeit, von langatmigen Gesprächen zu uninteressanten Entdeckungen,
aufgebauscht durch Musik, Beleuchtung, Andeutungen von Grausamkeit oder
satanische Prophezeiungen.
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All das läuft wohlgemerkt ins Leere. "Die purpurnen
Flüsse" könnte ein Kurzfilm sein, wenn man ihn auf seine Geschichte
reduzierte. Andererseits nimmt er sich zu wenig Zeit für das Wesentliche:
Das im Ansatz interessante Verhältnis von Niémans zur verschlossenen
Bergsteigerin Fanny Ferreira (Nadia Farès) oder das auf Inzucht und
elitärem Denken fußende Klima an der Elite-Universität, die
Haupt-Schauplatz des Filmes ist. Auch die Beziehung zwischen den Polizisten
hätte zur interessanten französischen Variante eines sattsam bekannten
Konstrukts werden können. Doch Niémans und Kerkerian könnten
genausogut in Neuengland, Schottland oder Australien unterwegs sein. Keine
Dialogzeile müsste geändert werden.
Immerhin müht sich Regisseur Mathieu Kassovitz, der mit seinem
Debüt "Hass" vor Jahren großes Talent offenbarte, teilweise
erfolgreich, eine elegant düstere Optik über das Desaster des Drehbuchs
zu breiten. Doch die Ablenkung ist nur notdürftig und verliert
spätestens beim lachhaften Finale hoch oben auf dem Gletscher jede Wirkung.
Dort rollt eine Lawine ins Tal, und man hofft, sie würde den ganzen
kruden Blödsinn mit sich reißen, der einem da als moderne,
gesellschaftskritische Version eines Serienkiller-Films dargeboten
wird.
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