Scherpunkt Asien: Fruit Chan: Durian Durian (Hongkong 2000)

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Durian Durian

Regie: Fruit Chan (*1959)

Fruit ChanFruit Chan wurde in China geboren, als er zehn war, emigrierte seine Familie nach Hongkong. Er studierte am Hong Kong Film Center und arbeitete als Regieassistent unter anderem bei Filmen von Jackie Chan. 1991 drehte er sein Debüt Finale in Blood, das einige gute Kritiken erhielt, an der Kasse aber unterging. Mit eigenem Geld (und dem von Freunden; insgesamt 80.000$) finanzierte er dann Made in Hongkong: der Film wurde ein Festivalerfolg, Chan gilt inzwischen als wichtigste Stimme des Independent-Films in Hongkong.

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Ebenfalls besprochen:

Made in Hongkong

 

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Fruit Chan: Durian Durian (Hongkong 2000)
Kritik von Ekkehard Knörer

Durian Durian
zu Hongkong-Extra

Durian, Durian ist ein Film des Gegensatzes, inhaltlich und formal. Die erste Hälfte führt, fast ausschließlich per Handkamera, das Leben der jungen Festlandschinesin Yan in den schmutzigeren Vierteln Hongkongs, ja buchstäblich im Unterleib der Stadt vor. Yan arbeitet als Prostituierte und kreuzt in einer kleinen Gasse, die zum Bordell führt, immer wieder den Weg der achtjährigen Fan, die, in der winzigen Wohnung des einbeinigen Vaters, der als einziger in der Familie eine Aufenthaltserlaubnis hat, illegal in Hongkong lebt. Aus Fans Perspektive wird der Film eröffnet, Fruit Chan schließt gegen Ende diesen Bogen, dazwischen aber steht Yan im Mittelpunkt, ihr beinahe dokumentarisch geschildertes Leben. Die Szenen, die man sieht, sind die immerselben: sie isst in ihrem kleinen Zimmer vor dem Fernseher, mit anderen Prostituierten und den Zuhältern in einem Fastfood-Laden, in dem unaufhörlich die Handys piepsen, sie geht zum Bordell, das Ritual sieht vor, dass sie zweimal mit ihren Kunden duscht, vor dem Sex und nach dem Sex. Ihre Haut schält sich von Händen und Füßen.

Die elende, aber einträgliche Existenz in Hongkong ist durch die Arbeitserlaubnis von Anfang an befristet: nach drei Monaten und Hunderten von Kunden (am letzten Tag sind es 38, ein Rekord) ist Schluss, Yan kehrt zurück in die ganz andere Welt ihrer Herkunft, ihrer Familie, in Eis und Schnee Nordchinas. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Das Tempo wird schon in den ersten Bildern, die Yan im Fahrradtaxi zeigen, gedrosselt, das Land ist weit, wüst und spärlich besiedelt. Eine Welt aus Kälte und Raum - und Erinnerungen an die Kindheit und Schulzeiten. Fruit Chan filmt das nun, konsequent, in ruhigen, langsamen Einstellungen. Die Familie organisiert einen festlichen Empfang für das heimgekehrte Kind, doch Yan weiß nicht recht, was sie - zu in den gegebenen Verhältnissen offenbar recht beträchtlichem Reichtum gelangt - mit sich anfangen soll. Einen Laden in der riesigen Markthalle eröffnen? Oder mit der jungen Li nach Shenzhen zurückkehren, in die wirtschaftlich prosperierende Region Chinas, die Hongkong auf dem Festland direkt gegenüber liegt? Yan heiratet, aber die Beziehung ist nicht von Dauer, Fruit Chan handelt die Episode mit abenteuerlicher, aber prägnanter (man nehme nur die Scheidungsszene) Beiläufigkeit ab.

Der Film fällt, trotz der markanten Zweiteilung, nicht auseinander. Es verbindet die beiden Teile derselbe scharfe und ruhige Blick auf den Alltag. Dialog und Handlung sind denkbar unspektakulär, sehr bewusst, nicht (wie bei Made in Hongkong) der Not, sondern dem künstlerischen Kalkül der "Authentizität" gehorchend, hat Fruit Chan ausschließlich mit Laien gedreht. Motivisch verknüpft werden die Hälften durch die titelgebende Durian-Frucht, die in verschiedenen Episoden eine beinahe zentrale Rolle spielt, die geradezu zum Kristallisationspunkt zwischenmenschlicher Beziehungen wird (als Geschenk vor allem), das gelegentlich nicht ohne Komik. Ein weiteres, ganz formales, von Fruit Chan bereits in Made in Hongkong erprobtes Charakteristikum hält den Film zusammen: in regelmäßigen Abständen wird das dokumentarische Rezitativ durch Miniarien unterbrochen, in denen die dokumentarischen Szenen mit meditativer Musikuntermalung zu verdichteten Vignetten, zu prägnanten, aus dem Narrativ herausgezogenen Momentaufnahmen ausgemalt werden. Stets gehen diese Augenblicke vorbei, bevor sie sich durchs allzu Pittoreske an den Kitsch verraten - und doch sind sie ein kleines bisschen Restutopie, winzige Oden an, wenn nichts weiter, den festgehaltenen Moment.

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