Was an den Coens in ihren besten Momenten gefällt, ist ihre
Stilsicherheit gerade im Pastiche, als das alle ihre Filme daherkommen.
Variationen von Genres und Motiven, Tonlagen und Bildstilen: Kopierwerke
aus zweiter Hand, die den Bezug zu Vorlagen ausstellen, im leicht
ermäßigten Ernst oder in der grotesken Übertreibung, ohne
doch aufs Gebiet der Parodie hinüberzugleiten. Das wirklich Eigene der
Coen-Filme liegt in dieser Art des Sich-Beziehens und der Fähigkeit,
alles Fremde so zu amalgamieren, dass es unverwechselbar COEN ist.
Das rein Komische ist ihnen dabei, für meinen Geschmack, nie
recht gelungen, von "Arizona Junior" bis zu "The Big Lebowski". Allzu geschmeidig
zielt der Humor mit müden Counter-Culture-Scherzen mitten hinein in
die genau verortete Zielgruppe. Von den Übertreibungen und
Schrägheiten wählen die Coens die jeweils nächstliegenden,
fallen von Einfall zu Einfall mittlerer bis gehobener Güte, ohne sich
um den Zusammenhalt oder ein Prinzip des Auseinanderfallens noch zu
kümmern. Schlechte Coen-Filme sind Nummernrevuen, die mit der Qualität
ihrer Nummern stehen und fallen und nicht mehr sind als die besten Ideen,
die in ihnen Scherz werden.
"Intolerable Cruelty" ist eine selbsterklärte romantische
Komödie. Aufeinander treffen der vom eigenen Erfolg verwöhnte
Scheidungsanwalt Miles Massey und die alimente-hungrige Schönheit Marylin
Rexroth, der Plot windet sich wie ein Fisch stromaufwärts und am Ende
siegt die Liebe über den Ehevertrag. Natürlich können die
Coens - Storyidee und Drehbuch stammen nur zum Teil von ihnen - das nicht
ernst meinen. Also rühren sie in den Schmalz einen grotesken, aber
völlig überflüssigen Seniorchef, einen albernen Prozess, eine
lächerliche Hochzeit und auf dem Kongress der Scheidungsanwälte
eine Lobrede des bekehrten und betrogenen Massey auf die Liebe. Zwischendrin
geht ein tumber Killer hops, Billy Bob Thornton hat einen Auftritt als pausenlos
quasselnder texanischer Mulitmillionär, im Vorspann fliegen Putten durch
die Gegend und die Karikatur eines Privatdetektivs sammelt Beweisstücke.
.
Anzeige.
Alle paar Minuten wechselt der Film seinen Ton, nicht aber sein
erstaunlich behäbiges Tempo. Clooney, der grimassiert, und Zeta-Jones,
die verführt, spielen kaum mal im selben Film - was nicht weiter
auffällt, da "Intolerable Cruelty" nicht die leiseste Idee hat, was
er nun ist: Screwball Comedy (fast ohne geistreiche Dialoge), romantische
Komödie (die weder Mut zum Ernst noch zum Zynismus hat), Groteske à
la Hudsucker (die ständig aus der Rolle fällt) oder die Geschichte
eines raffinierten Betrugs (die nichts als Vorwand für Scherze ist).
Am Ende ist der Film eher ein "Worst of" von Coen-Motiven und Coen-Stilimitaten,
leidlich amüsant im besten Fall, im Grunde aber herzlich
überflüssig.
zur Jump Cut Startseite
|