Joint Security Area ist ein Film über die Grenze und ihre
reductio ad absurdum. Der Schauplatz ist eine Zone, ein genau definiertes
Gebiet, in dem Nord- und Südkorea nicht nur aneinander stoßen,
sondern auch durch nicht mehr als eine Linie getrennt sind, die die Grenze
ist. Norden und Süden stehen sich unmittelbar gegenüber,
verkörpert wird die Feindschaft, die herrscht, durch die Grenzposten
beider Seiten. Bedroht wird die Eindeutigkeit der Grenze durch die
Unmittelbarkeit des Aufeinandertreffens, durch das schiere Nichts, das hier
als Demarkation dient. Täglich muss diese Linie neu produziert werden,
durch diese Konfrontation, die Markierung der Differenz. Um nichts anderes
als die Verwirrung dieser Differenz - und ihre blutigen Folgen - geht es
dem Film.
Ein kleiner Trupp südkoreanischer Soldaten gerät, unvermerkt,
auf nordkoreanisches Gelände. Beim ungeordneten Rückzug bleibt
einer von ihnen, Lee Soo-hyeok, zurück, hängt, in eine Sprengfalle
geraten, zwischen Leben und Tod. Zwei nordkoreanische Soldaten, Oh Kyeong-pil
und Jeong Woo-jin, finden ihn, retten ihm das Leben und lassen ihn ziehen.
Die drei, zu denen ein vierter kommt, ein Freund Lees, platziert der Film
als Grenzposten auf die zwei Seiten der "Brücke ohne Wiederkehr",
legendärer Ort des Gefangenenaustauschs am Ende des Koreakriegs. Und
genau hier wird die Grenze an der Freundschaft der vier Soldaten zu nichts,
wenn auch nur für nächtliche Momente der Suspension der geltenden
Regeln.
Formal ist JSA ein Krimi, eine blutige Tat muss aufgeklärt werden.
Der Täter ist bekannt, seine Beweggründe sind es nicht, so wenig
wie der Hergang. Es gibt zwei konfligierende Versionen, beiden gibt der Film,
in Anlehnung an Rashomon, in Rückblenden Gestalt. Keine davon
entspricht der Wahrheit. Diese herauszufinden, kommt eine neutrale Ermittlerin
ins Spiel, die UN-Juristin Sophie Jang. Sie ist Schweizer Staatsbürgerin
koreanischer Abstammung und darf als neutraler und allseits ungeliebter Shifter
zwischen beiden Lagern hin- und herpendeln. Was sie bei ihrer beinahe fanatischen
Suche findet, ist die Wahrheit, aber helfen wird sie am Ende niemandem. Jang
scheitert, bei besten Absichten und allem Scharfsinn, auf ganzer Linie.
Regisseur Park Chan-wook erzählt die Geschichte in Rückblenden,
die das Unglück und seine Tragik nach und nach aufhellen. Er findet
eine überzeugende Balance zwischen dem Kammerspiel der Freundschaft
zwischen vier Männern und den aufwendigen Explosionen der Gewalt,
unterstützt von den Bildern seines Kameramanns Kim Sung-bok, die oftmals
beeindruckend sind, sich aber kaum einmal im bloßen Schauwert verlieren.
Gerade die Erzählstruktur verhindert im übrigen jede
Sentimentalität - nicht nur weil sie die tatsächlichen Vorgänge
eine ganze Weile unklar lässt, sondern weil der Grundton der
anrührenden Geschichte einer Freundschaft zwischen Feinden durch die
Kenntnis des tragischen Endes von Beginn an einer der Melancholie ist. Das
größte Meisterstück, die Zusammenfassung des ganzen Films,
gelingt Park im freeze frame des Schlussbilds (siehe oben), das die
Protagonisten im Moment glücklicher Annäherung dies- und jenseits
der für alle anderen unbemerkt ironisierten Grenzlinie versammelt. Soviel
utopische Hoffnung immerhin gestattet er sich und seiner Geschichte.
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