Laurent Cantet: Ressources Humaines (F 1999)
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Ressources Humaines

Frankreich 1999
Regie: Laurent Cantet
Mit Djallil Lespert, Jean-Claude Vallod, Chantal Barre


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Laurent Cantet: Ressources Humaines

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Eine Kritik von
Lutz Bonneberg

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KRITIK

Eine Provinzstadt in Frankreich. Reihenhäuser mit kleinen Vorgärten, Mopeds knattern durch die Vorstädte und in den Industrieparks vor der Stadt stehen die Fabrikhallen aus Blech und Beton. Über alledem schwebt das stete Rauschen der nahe gelegenen Autobahn. An diesen Ort kehrt der BWL-Student Franck nach seinem Studium in Paris zurück. Er hat einen Praktikumsplatz in der Geschäftsleitung der Fabrik bekommen, in der auch seine alten Freunde und seine Familie arbeiten. Aber die anfängliche Heimeligkeit im Schoße der Familie wird Stück für Stück ersetzt durch eine Kluft zwischen den Ständen. Als der Unterschied zwischen dem Arbeiter-Vater und seinem in die Geschäftsleitung aufstrebenden Sohn anfängt, Keile zwischen die Familienmitglieder und Freunde zu treiben, beginnt Franck zu begreifen, dass das Leben in der Fabrik nicht der Spiegel der äußeren Welt sein kann.
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„Ressources Humains" ist ein bemerkenswerter kleiner Film, der eine selten-persönliche Perspektive auf die politische und familiäre Hierarchie im mikrokosmischen Umfeld einer Kleinstadt-Fabrik einnimmt. Die Kamera ist das Mikroskop. Harte Schnitte und einfache Schwenks dominieren den Film. Dadurch, dass der Regisseur auf den Einsatz von Musik in den Szenen verzichtet, verdichtet sich noch der Eindruck des Alltäglichen und Dokumentarischen. Das Leben im Reihenhaus, die Couchgarnitur im Wohnzimmer, das Bier im Stammlokal nach Feierabend -Tausend kleine Dinge, die täglich passieren, ob in Frankreich, Deutschland oder irgendwo auf der Welt. Laurent Cantet benötigt dieses kleine, fast schon stereotype Szenario, um von dort in die Tiefe des Mikrokosmos einzutauchen. Das Besondere, was es braucht, um als Kinofilm zu bestehen, findet sich auch bei ihm im persönlichen Schicksal der Charaktere: Die drohende Kündigung des einfachen Arbeiters durch Rationalisierung, die Hoffnungen der Eltern, der Sohn möge es einmal besser haben als sie, die Zweifel des Aufsteigers an seiner Arbeit und der damit verbundene Generationskonflikt zwischen Vater und Sohn.

Seine Schauspieler hat Laurent Cantet größtenteils aus der Warteschlange beim Arbeitsamt heraus engagiert. Bis auf seinen Hauptdarsteller Jalil Lespert sind alle Personen im Film Laienschauspieler, wodurch der Film eine Authentizität vermittelt kann, die mit professionellen Schauspielern wohl nur schwer zu erreichen gewesen wäre. „Ressources Humaines" auf dieser Grundlage in die Tradition des Neorealismus zu setzen, wäre vielleicht ein wenig gewagt; dennoch führen die Schauspieler, die quasi ihr eigenes Leben vor der Kamera erzählen, dies mit einer ähnlich intuitiven Hingabe durch wie die Darsteller in Rossellinis „Deutschland im Jahre Null". Cantets Darsteller agieren sicher nicht so professionell wie gelernte Schauspieler, die Sprache ihrer Körper sagt jedoch mehr als tausend Dialoge. So sieht man förmlich die 30 Jahre Arbeitsleben, wenn Francks Vater vor seiner Maschine in der Fabrik steht, wie er schweigend die immer wiederkehrenden Handgriffe fast im Schlaf ausführen kann. Es scheint schwer so etwas zu imitieren, wenn man es nicht wirklich erlebt hat. Auf der anderen Seite der Sohn, der im schwarzen Anzug und dynamischen Schrittes hoch motiviert durch die Produktionshallen schreitet. Ein Außerirdischer unter den Blaumännern.
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Über solch fein beobachtete Äußerlichkeiten, aber auch über die damit verknüpften und zur Schau getragenen Verhaltensweisen der einzelnen Personen, stellt der Film eine Menge Fragen über die Position eines jeden einzelnen in der Gesellschaft und in der Welt. Er wirft die Frage auf, was es heißt, seinen Platz im Leben zu finden – oder auch nicht. Man könnte glauben, im 20. Jahrhundert wären viele Veränderungen im gesellschaftlichen und politischen Leben vollzogen worden. Laurent Cantets Film greift eine aktuelle Problematik auf, die jedoch in ähnlicher Form auch in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts hätte stattfinden können. Der Kreislauf des Lebens – immer wieder neu, immer individuell.
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