Ein Obergangster, der von London aus einen Milliarden-Rupien-Diebstahl
organisiert. Zwei Diebe, die von den Reichen nehmen, um selbst zu überleben
und dabei an eine Frau geraten, in die beide sich verlieben. Eine Komplizin
des Gangsters, die an die drei gerät und mit ihnen das Geld jagt, nach
dem auch ein übergewichtiges As des Geheimdienstes mit seinem Team fahndet.
Ein Gangsterfilm, eine Actionkomödie, ein Liebesdrama. Zu gleichen Teilen
und in abruptem Wechsel. Eine Dramaturgie der Überstürzung, des
Sturzes, von einem Genre ins andere, die einen kleinen Westernschlenker allemal
noch unterbringen kann. Keine ruhige Minute dabei, die drei Fäden, die
gar nicht so wenigen Figuren, immer schön ineinander geschlungen, durch
die Genres geführt, in denen sich die beiden Helden als edle Liebende,
tapfere Kämpfer, mitreißende Komödianten entpuppen, und als
grandiose Tänzer in einer umwerfend choreografierten Picturization am
Schauplatz des Dorfes, in dem, um das herum, bei all der Bewegung, die der
Film veranstaltet, die Handlung ihr Zentrum findet.
Beschleunigung ist oberstes Prinzip, ein Film darum der wechselnden
Gefährte. Vom raschen Galopp zu Pferde zur rasanten Querfeldeinfahrt
per Rad, es springen ein Bus, eine Pferdekarre, Autos natürlich und
auch ein großer roter McGuffin in LKW-Gestalt über irgendwelche
Rampen durch die Luft. Mit höchster, bewegendster, bewegtester Dynamik
führt der Film zu nichts. Räuber und Gendarm in den sanft geschwungenen
Hügeln von Tamil Nadu, in denen sich, als Verbildlichung auch dieses
um falschen Realismus herzlich unbekümmerten Erzählens, von einer
Sekunde auf die andere Abgründe auftun, Klippen, die die Gefährte
hinunterstürzen ins Wasser, ein um das andere Mal. Aus dem Nichts von
Raum und Plot zaubert das Buch zudem, wieder und wieder, Bedrohliches herbei,
angekündigt nur von den großen Augen, mit denen einen die Darsteller,
zu Tode erschrocken, anstarren. Die Gangster mit ihren Waffen auf den Felsen
vor dem Wasserfall. Eine Herde Elefanten und ab und zu ein junger Leopard.
Der Onkel, der die junge Frau, mit der die beiden Diebe auf und davon sind,
groß gezogen hat als zukünftige Gattin. Mit leichter Hand, aber
kein bisschen frivol, flechten Ratnam und Varma dies Stück
Gesellschaftskritik in ihren Genre-Plot und erteilen zuletzt mit den Waffen
des Gangsterfilmstrangs dem Mann seine letzte Lektion.
Natürlich dürfte ein solcher Film, nach allen Regeln der
Filmkunst wie des Erzählens, nicht funktionieren. Und doch funktioniert
er, und zwar triumphal. Nichts nehmen die Regie, die Darsteller, die
Choreografie, die Autoren, nichts nimmt irgend jemand, hat es den Anschein,
auf die leichte Schulter. Das Komische wird mit dem gleichen Ernst betrieben
wie der Liebeskonflikt, auf dessen Höhepunkt Ratnam die Kamera um die
beiden kreisen lässt, als andere Bewegung, als Dramatisierung, die sich
dem Inneren von außen nähert. Als Fortsetzung der Bewegungs-Logik
des Rests, in dem sich auch der Zwiespalt der Männer in Tanz auflöst,
hat das Sinn, nicht als simple Symbolisierung innerer Bewegtheit durch
äußere. "Thiruda...Thiruda" (Dieb...Dieb) ist, in der Vollstreckung
der schieren Lust an Dynamik, der Narration, der Züge und Kutschen,
der Pferde und rennenden Menschen, geradezu perfekte Unterhaltung, reine
Form, die die Zufälle feiert, wie sie fallen, ohne Rücksicht auf
die Zügel der Psychologie und der Wahrscheinlichkeit, auf Sinn und Verstand.
Ein Vertrauen darauf, dass der Sinn aus dem Tempo, dem Timing, der Frequenz
der Running Gags, der Eigendynamik des Gegen- und Miteinanders von Komik,
Sentiment und Spannung sich offenbart, als eine Notwendigkeit, die keinen
anderen Grund hat als den ihrer Form.
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Regisseur
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