Filmfestspiele Venedig 2000
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11.9. Aktuell: Venedig-Berichterstattung
. |
+++täglich
aktualisierte Links zu den Besprechungen der deutschen
Feuilletons+++
.Preise:
Goldener Löwe für den besten Film: Dayereh (Der Kreis). Regie:
Jafar Panahi
Großer Preis der Jury: Before Night Falls. Regie: Julian Schnabel
Spezialpreis: Regie: Uttara. Regie: Buddhadeb Dasgupta
Bestes Drehbuch: I Cento Passi. Regie: Marco Tullio Giordana
Preis für den besten Darsteller: Javier Bardem (Before Night Falls)
Preis für die beste Darstellerin: Rose Byrne (The Goddess of
1967)
Kritikerurteil:
"Dass
die Jury unter dem Vorsitz von Milos Forman dabei die richtigen Filme
ausgezeichnet hat, ist ihr hoch anzurechnen, war aber sozusagen auch kein
Kunststück, denn echte Alternativen gab es ohnehin nicht. "
SZ
"Knappe Mehrheitsentscheidungen also in dieser Jury, die
das altbekannte Giesskannenprinzip variationsreich zum Einsatz brachte."
NZZ
"Am Ende saß irgendwie keiner mehr vorn, die Filmbiennale
schaltete den Autopiloten ein, läpperte ansonsten still vor sich hin
und die Jury traf eine nicht besonders aufregende, aber ehrenwerte
Entscheidung." taz
"Von
einer Jury kann man nun nicht verlangen, den Gastgeber zu brüskieren,
indem sie beispielsweise den Goldenen Löwen einfach einbehält und
nur Silber vergibt, obwohl der 2000er Jahrgang, der schwächste der letzten
fünf Jahre, gute Gründe dafür geboten hätte."
FR
|
Venedig 2000.
Filmfestspiele. Filme im Wettbewerb. Links zu den Besprechungen in den
führenden deutschen Feuilletons werden
täglich aktualisiert. |
«Before Night Falls»
von Julian Schnabel (USA)
mit Javier Bardem, Sean Penn, Johnny Depp |
Der Film erzählt die Geschichte des
kubanischen Autors Reinaldo Arenas (1943-1990), der 1981 in die USA ging,
ohne dort glücklich zu werden. |
SZ
"Nichts
davon bezeugt einen filmischen Stilwillen, der über diesen Film
hinausreichen würde, und dennoch ist in jeder Szene eine Lust zu
verspüren, etwas von der Ausstrahlung und Faszination dieses Mannes
zu vermitteln"
FR
"...mag
Schnabels Film auch nicht die Erleuchtung sein, die das ganze Festival aufhellen
könnte, er hat entschieden mehr zu bieten als der
Rest."
|
«Dayereh» von Jafar Panahi (Iran) |
"Der Kreis" verknüpft die Geschichten
mehrerer Frauen, denen Unrecht geschieht. |
taz
"Panahis Film endet so düster, wie er begonnen hat,
doch es gibt ein schöne Szene, die einen winzigen utopischen Rest
verströmt."
SZ
"Er ist
in seiner Metaphernhaftigkeit manchmal fast zu smart, aber dann doch auch
wieder so reich an eingefangener Lebenswirklichkeit, dass Der Kreis
schon als möglicher Preiskandidat gehandelt wird."
Welt
"Der
Kreis" hat nicht nur ein Anliegen - das hatten die meisten anderen
Wettbewerbsfilme -, sondern auch eine überzeugende künstlerische
Form. " |
«Denti» von Gabriele Salvatores
(Italien) |
Liebesgeschichte und halluzinatorischer
Trip, ausgelöst durch eine Zahnbehandlung. |
FR
"Therapie
zwecklos wiederum musste die Diagnose bei Gabriele Salvatores' Denti lauten.
" |
«Dr.T And The Women» von Robert
Altman (USA)
Mit Richard Gere, Helen Hunt, Farah Fawcett, Laura Dern |
Der Titel sagt es schon: im Zentrum steht
der Gynäkologe Dr. Travis, um ihn herum viele, viele
Frauen. |
taz
"Aber irgendwie dann doch nicht überzeichnet genug,
um die Parade weiblicher Klischees zu brechen. Kein Gesellschaftspanorama,
eher Nummernrevue. Whats up, Dr A?"
FR
"Das
echte Dallas war Filigranarbeit dagegen. Vielleicht finden sich noch ein
paar unentwegte Feministinnen, die sich über den Film aufregen können,
doch so einfallslos, banal und zäh war schon lange kein Altman mehr.
"
SZ
"Dass Dr. T and the Women misslungen ist, stimmt
weniger verdrießlich als die Durchsichtigkeit der Auswahlkriterien.
Der Film ist so offensichtlich missraten, dass völlig klar ist, dass
allein Richard Geres Anwesenheit für die Wettbewerbsteilnahme verantwortlich
ist."
NZZ
"...ist allerdings auf verlorenem Posten auf einem Festival,
das sich in einer postfeministischen Bilderwelt mit Überlebensmodellen
herumschlagen muss, die für die «hohe Schule» des
spätkapitalistischen Geschlechterkampfs längst keinen Atem mehr
erübrigen können."
Welt
"Zu
einem großen Altman fehlt eine zwingende dramaturgische Struktur. Gegen
Ende reihen sich drei "Höhepunkte" aneinander, von denen nur einer wirklich
einer ist, und das ist bedauerlicherweise nicht der letzte in der Reihe,
sondern der erste." |
«Fils de deux meres ou comedie de l'innocence»
von Raoul Ruiz (Frankreich)
Mit Isabelle Huppert, Jeanne Balibar, Charles Berling |
Geschichte um einen kleinen Jungen, der
eines Tages seine Identität in Frage gestellt sieht. |
Welt
"An
den Grundfesten der Familie rütteln auch zwei französische Filme,
beide mit der wundervollen Isabelle Huppert. "Fils de deux mères ou
Comédie de l´innocence" (Sohn zweier Mütter oder Eine
Komödie der Unschuld) des Franko-Chilenen Raul
Ruiz" |
«Freedom» von Sharunas Bartas
(Frankreich) |
Männer, die Drogen auf ein Schiff verladen
wollen, stranden an einer Küste. |
SZ
"Der litauische
Regisseur fotografiert Strand, Möwen, Krebse, Nomaden,
Wüstenlandschaften, Flamingos, Sonnenuntergänge gerade so
banal-kitschig, wie man diese Motive normalerweise auf Postkarten zeigt.
"
FR
"Vermutlich
geht es um existentielle Verlorenheit oder auch um transzendentale
Obdachlosigkeit, vor allem aber ist der Wille zu Kunst und Askese so penetrant,
dass er wie der Wüstensand alle Poren verstopft und der Film an sich
selbst erstickt." |
«I cento passi» von Marco Tullio Giordana
(Italien) |
20 Jahre nach der Tat soll ein Mafiamord
aufgeklärt werden. |
SZ
"Die
Festival-Auguren sind sich sicher, dass I cento passi eine
Auszeichnung erhalten wird welche es sein wird, darüber wird
noch gestritten. "
FR
"Marco
Tullio Giordanas Film leidet darunter, dass er sich bei aller Entschiedenheit
nicht entscheiden kann. Es soll kein nüchternes Dokudrama sein, er will
die Story als Vater-Sohn-Konflikt erzählen und die große
Emotionsmaschine des Kinos anwerfen..." |
«Il partigiano Johnny» von Guido Chiesa
(Italien) |
Italienischer Partisanenkampf im 2.
Weltkrieg |
FR
"Doch
auch der dritte italienische Beitrag, Il partigiano Johnn von Guido Chiesa,
eine zähe Partisanen-Geschichte aus dem zweiten Weltkrieg, ließ
keine Symptome erkennen, dass der Patient auf dem Wege der Besserung ist.
"
SZ
"So hat Chiesa
wohl das pathetisch-heroische Epos vermieden, landet aber bei blutleerer
Folklore." |
«La lingua del Santo» von Carlo Mazzacurati
(Italien) |
Zwei Männer um die 40 begeben sich
auf die Suche nach einem Schatz. |
|
«Liam» von Stephen Frears
(Großbritannien) |
Der Junge Liam wächst in den 30er Jahren
als Ire in Liverpool auf, in einer glücklichen Familie - bis der Vater
arbeitslos wird. |
taz
"Dekorativ arrangiertes Elend, pittoreske Fabriken und
hohlwangige Kinder, die in adrett gestärkten Blusen zur Kirche
gehen."
SZ
"Formelhaft
werden hier die sozialpsychologischen Kausalreihen und die pädagogischen
Winke des Schicksals abgespult. "
FR
"Am
Ende wird Liam selbst Opfer jener schlichten Moral, die er glossiert.
"
Welt
"Liam"
folgt der britischen Erfolgsformel, Probleme mit Humor aufzubereiten,
hinterlässt bei allem thematischen Ernst und formaler Brillanz jedoch
einen leicht unbefriedigenden Nachgeschmack." |
«Liulian Piao Piao» von Fruit Chan
(Hongkong/China) |
Geschichte zweier Frauen, die sich in Hongkong
begegnen. |
taz
"Durian, Durian" zeigt keine Opfer, seine Heldinnen sind
pragmatische Sexarbeiterinnen, die durchaus die Wahl haben, ihr Visum aber
einfach möglichst effizient ausnutzen. Die Konsequenzen dieser
Körperökonomie fängt Fruit Chan ganz diskret ein."
SZ
"Der Film
stürzt sich kopfüber in die Wirklichkeit, will sie in ihrer bunt
gefächerten Fülle erhaschen. " |
«O fantasma» von Joao Pedro Rodrigues
(Portugal) |
Schwüle schwule
Liebesgeschichte. |
taz
"Rodriguez Film fängt nämlich da an, wo alle
Zivilisationskritik aufhört oder schamesrot verstummen würde."
SZ
"O
Fantasma ist die selbstgefällige Inszenierung bizarrer Vorlieben.
Die apokalyptische Atmosphäre von Müllhalde und Folter-Lust verwendet
er als billiges Parfüm. " |
«Palavra e utopia» von Manoel
de Oliveira (Portugal) |
Historienfilm um einen Jesuitenpriester
im 17. Jahrhundert. |
SZ
"Oliveiras
Filme sind im Sinne herkömmlicher Dramaturgien spröde, eine Zumutung
an die Aufmerksamkeit. Wer die Geduld mitbringt, sich auf seine Tableaus
und Wortkaskaden einzulassen, wird in einen Raum entführt, in dem man
die Energien der Gedanken direkt zu empfangen scheint.
"
FR
"Vielleicht
würde man ein gut geschriebenes Buch darüber lesen wollen. Fürs
Kino ist es kein sonderlich glückliches Format." |
«Platform» von Zhang-ke Jia
(Hongkong/China/Japan) |
Eine Propagandatruppe zieht zur Zeit der
Kulturrevolution über die Dörfer. |
NZZ
"Als Entdeckung muss der junge Festlandchinese Jia-Zhang-ke
gefeiert werden, der mit seinem dreistündigen Film «Plattform»
die Chronik einer Theatertruppe über die Jahre der Öffnungspolitik
von 1979 bis 1989 erstellt."
FR
"Doch
der dokumentarische Zugriff ist ebenso halbherzig wie das Spielfilmelement,
und so bleiben am Ende nicht mehr als ein paar gelungene kleine Momente.
"
|
«Selon Matthieu» von Xavier Beauvois
(Frankreich) |
Tragische Vater-Sohn-Geschichte aus dem
Arbeitermilieu. |
SZ
"Ein weiterer
Kandidat wäre Xavier Beauvois mit seiner Matthäus-Passion Selon
Matthieu, die den Zuschauer schon mit den ersten Bildern einfängt,
indem die Landschaft der Normandie mit Musik von Bach unterlegt
wird."
Welt
"Xavier
Beauvois verliert den Faden zwischen Rache- und
Liebesgeschichte" |
- «Seom» von Ki-duk Kim
(Südkorea) |
Polizist, der seine Freundin ermordet hat,
verliebt sich in eine Prostituierte. |
taz
"Auch wenn solche Bilder kaum zu ertragen sind, die diffuse,
ausweglose Stimmung setzte sich im Kopf
fest."
SZ
"Die
einen fragen, zurecht verwundert und empört, wie das Festival einen
solch zynisch-spekulativen Film zum Wettbewerbsbeitrag machen konnte, die
anderen murmeln etwas von Radikalität, Provokation, Konsequenz.
FR
"Da
war viel Trieb, Grausamkeit und Tod, alle wollen nur fischen und vögeln,
das Leben ist extrem, die Kunst noch extremer, und der Kritiker muss gar
keine Metaphern mehr erfinden, um sie auf den Film zu projizieren."
|
«The Goddess of 1967» von Clara Law
(Australien) |
Japaner will ein Auto in Australien kaufen,
findet eine blindes Mädchen stattdessen und eine Reise
beginnt. |
FR
"Der
Trend zum Trauma gibt die Lizenz zu Rückblenden, und weil Leiden bildet
und Läuterung wartet, entwickelt sich der Plot ganz spannungslos wie
von selbst."
NZZ
"Mit einer radikalen, hoch verfremdeten Bildsprache verbindet
Clara Law ihren Amour fou mit einem Zeittunnel, der die junge Frau in die
eigene Lebensgeschichte zurückschleudert, um eine Art «Wiederkehr
des Ver drängten» zu initiieren." |
«The Man Who Cried» von Sally Potter
(Großbritannien) |
Geschichte von Suzie, die aus einem kleinen
russichen Dorf nach England, nach Paris, zuletzt nach Hollywood
kommt. |
FR
"Story
und Inszenierung sind von einer Banalität und einem Kitsch, die kein
noch so schönes Licht und keine Ausstattung verdecken kann."
SZ
"Die britische
Filmemacherin Sally Potter, die einmal dem Avantgardekino zugerechnet wurde,
hat die Odyssee ihrer tapferen Heldin mit allen Ingredienzen operettenhaften
Kitsches ausgestattet."
NZZ
"Den vergleichsweise konventionellen französischen
Produktionen stellt Sally Potter mit «The Man Who Cried» eine
fulminante, intendiert kitschige Filmoper gegenüber, die auf diese Weise
die Vertreibungsgeschichte des russischen jüdischen Mädchens Fegele
über Paris in die Neue Welt einmal ganz anders erzählen will.
" |
- «Uttara» von Buddhadeb Dasgupta
(Indien) |
Geschichte um zwei Freunde, deren Schicksale
in einer abgelegenen Ecke Bengalens. |
taz
"Es mag in der indischen Filmbranche ernsthafte Bestrebungen
geben, die starre Form der romantischen Song-and-Dance-Filme mit anderen
Inhalten zu unterwander, aber Buddhadeb Dasguptas Wettbewerbsbeitrag
verfährt mit der Gewalt so wie das populäre indische Kino mit der
Sexualität (...) Sexploitation goes Bollywood?"
FR
"Das
ist brav, die Himmel überm ländlichen Indien sind weit, das Licht
ein Traum, die Handlung kommt einem irgendwie allegorisch und traurig vor.
Die Leinwand ist halt geduldig." |
«La Vierge Des Tueurs» von Barbet Schroeder
(Frankreich/Kolumbien) |
Geschichte eines Schriftstellers, der in
seine Heimatstadt Medellin zurückkehrt. |
FR
"So
verschmockt, so beliebig und schauspielerisch so dürftig war kaum ein
Film am Lido."
SZ
"Barbet Schroeder
arbeitet mit der Faszination der Amoralität, die aber schnell degoutant
wird, weil die psychologische Zeichnung der Charaktere unglaubwürdig
bleibt, und die Story zunehmend grotesk-widerwärtige Konturen annimmt.
"
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Venedig 2000. Filmfestspiele.
Die Filme des Wettbewerbs -Filmfestpiele Venedig
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