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Mani Ratnam: Roja (1992)
Kritik von Ekkehard Knörer

 zum Schwerpunkt Indien

Wie in seinen späteren (und um vieles besseren) Filmen "Dil Se" und "Bombay" verbindet der tamilische Regisseur Mani Ratnam auch in "Roja" die Themen Liebe und Terrorismus - ohne dass ihm das jedoch mit jener Nahtlosigkeit gelingt, die "Dil Se" zu dem atemberaubenden Werk macht, das es ist. Es beginnt hier nicht mit einer Liebe, deren erster Blick nie Erfüllung findet, sondern mit einer arrangierten Beinahe-Heirat. Rishi kommt aus der Stadt aufs (tamilische) Dorf, um eine Frau zu erwählen, die er nie zuvor gesehen hat. Laxmi aber fleht ihn, nicht unter vier Augen, aber unter vier Ohren an, auf sie zu verzichten: die Heirat wäre ihr Unglück, sie liebt einen anderen. Rishi ist einverstanden, er nimmt statt Laxmis die jüngere Schwester Roja, die von der Aktion ihrer Schwester nichts ahnt und Rishi dafür verachtet, dass er ihre Schwester durch die Ablehnung gedemütigt hat.

Widerwillig folgt sie ihm in die Stadt, wo er als Computerspezialist arbeitet und von wo er bald - das Missverständnis hat sich unterdessen, während eines Sonnenuntergangs am Strand geklärt - nach Kaschmir kommandiert wird. Roja begleitet ihn. Er wird entführt, sie kämpft für ihn. Das ist die ganze Geschichte, sie zerfällt ihn zwei Teile, deren erster viel sonnendurchflutete Santosh-Sivan-Kinematografie bietet und eine so aufregende wie aufreizende Song-and-Dance-Nummer, in der sich Text und Bild die doppelte Hochzeitsnacht von Laxmi und Surajbal und Rishi und Roja ausmalen. Dazu die rhythmische Musik A.R. Rahmans, der sich - in einem seiner ersten großen Soundtracks - im weiteren Verlauf als stilistisch überaus versatil erweist und von militaristischer Perkussion über folkloristisches Sentiment zur großen Streicherbegleitung alles in gleich virtuoser Weise beherrscht. Im zweiten Teil - in dem das Dorf, der Schauplatz des Beginns, beinahe ganz vergessen wird - wechselt das Geschehen zwischen dem Rebellenlager und Rojas Rettungsbemühungen hin und her, ohne dabei je zwingende Spannung aufzubauen.

Die production values also sind sämtlich großartig, handwerklich kann Ratnam wie Sivan niemand in Indien etwas vormachen. Am aufregendsten wohl eine lange Handkamerabewegung durchs Dorf der Kaschmir-Rebellen; strahlend schön - und fraglos kitschig - die ins Bild gerückten Berglandschaften, Frühlingsfelder, Wasserfälle. Dennoch bleiben die ästhetischen Reibungsflächen zu glatt: allzu eindeutig sind die Sympathien verteilt, zu patriotisch ist der Held und sind die Songtexte und gänzlich unüberzeugend gerät die Bekehrung des Rebellen. Mehrfach unternimmt der Film Anläufe zum Drama, zur Tragödie, immer rutscht er ins Klischee, in die bloße Konvention zurück.

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