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Yi Yi
Taiwan/Japan 2000
Regie: Edward Yang
Mit Wu Nien-jen (N. J.), Elaine Jin (Min-min), Issey Ogata (Ota), Kelly Lee
(Ting-ting), Jonathan Chang (Yang-yang), Chen Hsi-sheng (Ah-di),
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KRITIK
Man möchte, wenn man diesen Film gesehen hat, nur erzählen.
Davon, wie Yang-Yang am Ende seiner toten Großmutter erklärt,
warum er sich geweigert hat, mit ihr zu sprechen, als sie im Koma lag. Davon,
wie NJ und Herr Ota sich über die Musik so nahe kommen, wie sich
Männer, in Filmen wie im Leben, selten nahe kommen. Wie Ting-Tings
Naivität sich als Entschlossenheit erweist, als eigene Form von Klugheit,
als oft genug vergeblicher, aber gerechtfertigter Versuch, den Menschen
abzutrotzen, was sie nicht zu geben bereit sind. Von Ah-Dis maßloser
Tölpelhaftigkeit, die ihn selbst, auch wenn er es nicht reflektieren
kann, so sehr quält, dass er beinahe zur tragischen Figur wird. Vom
rätselhaften, aber gerade in dieser Rätselhaftigkeit plausiblen
Verhalten Chun-Yuns, die mal intrigant und trickreich, dann grenzenlos treu
und solidarisch erscheint.
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Diese und noch viele weitere Geschichten erzählt Edward Yang
in Yi-Yi, jede einzelne von ihnen ist lebensklüger als - das ist das
Beispiel, das nahe liegt - Paul Thomas Andersons ganzer Film Magnolia.
Nahtlos fügt Yang einen Strang nicht an, sondern in den anderen, lässt
die eine Geschichte die andere kommentieren, spiegeln, wiederholen, variieren,
ohne dass man jemals den Eindruck bekommt, es gehe hier um Illustration von
Thesen, um Beispielhaftigkeit, um Lehren, die zu ziehen wären. Irgendwann
erklärt Fatty, der sie später schmählich betrügen wird,
Ting-Ting, was das Großartige am Kino ist (er hat das von seinem
Großvater): dass das Leben dadurch dreimal so lang wird, weil man dreimal
so viel sieht wie die Leute, die nicht ins Kino gehen. Man darf annehmen,
dass Edward Yang dieser Ansicht zustimmt. Jedenfalls ist Yi-Yi nicht weniger
als die triumphale Erfüllung der Hoffnung, dass man alle Naivitäten
realistischen Erzählens meiden und dennoch - eigentlich: nur so - mitten
ins Leben hineingreifen kann. Natürlich ist das eine Frage der
Technik.
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Der Erzähltechnik, genauer gesagt, und dabei insbesondere
der Fähigkeit, Balancen zu halten, Motivationen anzudeuten, aber nicht
zu erklären, eines Augenmerks fürs scheinbar Nebensächliche,
fürs Widersprüchliche auch, fürs Nicht-Aufgehende. Yi-Yi
übt, das ist vielleicht das Schönste an dem Film, die Tugend der
Zurückhaltung: in aller Regel filmt er seine Figuren aus gehöriger
Distanz. In Momenten großer Bewegtheit entfernt sich sich die Kamera,
statt sich brutal anzunähern (die einzige wirkliche Großaufnahme
eines Gesichts gibt es gegen Ende - und da ist es der vom Bildschirm abgefilmte
Blick einer Fernsehkamera. Darin liegt, in nuce, das ästhetische Programm
des Films). Immer wieder legt Yang Fensterscheiben zwischen die Figuren und
den Blick des Betrachters, Fensterscheiben, in denen sich Lichter spiegeln,
die Lichter von Taipeh, der Großstadt, in die seine Personen oftmals
eingetragen werden wie in ein Landschaftsbild, in dem sie nicht wichtig sind.
Sie rücken dann wieder ins Zentrum - und sie sind gerade dann im Zentrum,
wenn die Kamera das Gegenteil zu behaupten scheint. In einer recht langen
statischen Einstellung sieht man Ting-Ting nur von ferne auf einer
Polizeistation, durch eine Tür links hinten im Bild. Im Vordergrund
sieht man die Tische des Büros, rechts im Bild ein Polizist an seinem
Schreibtisch, der gar nicht wahrnimmt, was sich in seinem Rücken abspielt.
Realismus ist auch eine Frage der Bildkomposition, gerade dann, wenn sie
sich gegen das sperrt, was einem von Hollywood-Konventionen als natürlicher
Blick eingetrichtert wird.
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