Zwei Clowns, elf Stühle, hin- und hergetragen, in einem
Derwischkampf, der seine Komik aus der Nicht-Erkennbarkeit des Sinns des
Ganzen bezieht. Dann, der Kampf ist, ohne Grund, vorbei, stehen zehn der
Stühle in einer Reihe. Eiiner fliegt von der Bühne, das wird aber
das einzige bleiben, das die Bühne verlässt, die immer weiter
zugemüllt wird und für die Performer nur einen (selten und nur
vom Gorilla genutzten) Ausweg bietet: in Richtung Publikum. Auf die Stühle
setzen sich die Performer, nennen ihre richtigen Namen und stellen die Rollen
vor, die sie spielen werden. Nur dass sie keine Rollen spielen werden. Nur
dass das, was sie ankündigen, nicht ankündigt, was zu sehen sein
wird. Ich bin der virile Hauptdarsteller, sagt Richard Lowdon, der nicht
der virile Hauptdarsteller sein wird. Ich will, dass Sie mich mit Haut und
Haar begehren, sagt eine der Performerinnen und wird die meiste Zeit im
Gorillakostüm herumstehen oder in einem viel zu kleinen Kinderwagen
sitzen. Es stellen sich vor der Clown, der den Ernst des Klischees vom Clown
als trauriger Gestalt leben wird und eine Geschichte erzählt, die nicht
auszuhalten ist, die Frau, der es bitter Ernst ist mit allem, was sie tut
und was tut sie: sie schüttet sich, ohne Unterlass beinahe, Wasser
über den Kopf, bricht schluchzend zusammen. Ein anderer beruhigt das
Publikum: Wenn Sie nicht verstehen, was Sie sehen, halten Sie sich an mich,
ich verörpere die symbolische Bedeutung des Ganzen. Bloody Mess.
Auf die falschen Ankündigungen folgen Ausbrüche, Abbrüche,
Black Sabbath, Steppenwolf und The Band. Luftigitarre und Szenen. Loses und
Festes. Verdichtungen und Entleerungen. Gags im Zustand der Auflösung,
der Überdrehung. Gelungene Gags, verpuffende Gags. Wiederholungen, bis
es nicht mehr komisch ist. Wiederholungen, obwohl es schon beim ersten Mal
nicht komisch war. Auch das Zu-Tode-Reiten hat die Struktur von Struktur
- fragt sich nur: wozu noch.
Was Forced Entertainment hier treiben, passt unter den Hut
des postdramatischen Theaters. Was mit dem Begriff aber noch lange nicht
gesagt ist, führen sie hier vor. Forschung am offenen Herzen der
Theateravantgarde. Was, kurz gesagt, kann nach dem Endspiel kommen.
Wucherungen des Endspielhaften. Gelöst aus dem Bann der Metaphysik,
die noch im Absurden steckte, stellen sich nun wieder Fragen der Form, nur
ohne Hoffnung auf Wiederherstellung einer Einheit. Wie verhalten sich
das Komische und das lähmende Entsetzen zueinander (Arten der Stille),
wie die scheinbare Belanglosigkeit der Aufzählung und die Intensität
des Zusammenbruchs noch in seinem vermeintlichen Ausbleiben. Wie die
Vermeintlichkeit und die Sichtbarkeit.
Der Clown, auf dem Stuhl des Entertainers erzählt zwei Geschichten
im Laufe des das Ende dem Anfang entgegen faltenden Abends. Die Geschichte
vom Anfang der Welt und die Geschichte vom Ende der Welt. Nichts läuft
hinaus auf Metaphysik, nicht einmal eine Metaphysik der Sinnlosigkeit oder
des Scheiterns. Alles ist nur schrecklich buchstäblich. Vom Ende der
Welt bleibt nur der Krach, den einer der Performer in einer seiner "impressions"
macht. Ohne Folge.
Bandfragen. Was ein Auftritt ist und was nicht. Alle Performer bleiben
auf der Bühne und stellen noch die Nicht-Darstellung dar (wohingegen
die Darstellung oft keine Darstellung ist). Zeitung lesen, herumsitzen, zugucken,
sich umkleiden. Roadies mit Langhaarperücken als Agenten des Chaos,
das als Ordnungsanweisung auftritt. Anweisungen von einer Cheerleaderin,
die zunehmend aggressiv wird. Ein Ringkampf der Clowns. Die Bühne ist
eine verdammte Wüste, ist ein zugemüllter Saustall. Szenerie für
schrecklich Komisches. Die Arten der Stille, sanft in Abgründe des Komischen
hinein, dabei stehen die Erzähler der Stille nackt auf der Bühne,
große, lächerliche Silbersterne notdürftig vor sich drapiert.
Große Show, Bühnennebel, aber losgelöst aus allen Rahmen,
die dem allen einen Sinn gäben. Verzweifelte Komik, und je alberner,
desto verzweifelter (und komischer). Formfragen, silly walks.
Das Ende: Die Performerin spricht über das Ende. Direkt ans Publikum:
Gleich werden Sie mich nicht mehr sehen. Es wird vergehen, es wird vorüber
sein. Mein Gesicht wird das letzte sein, was Sie sehen. Das ist wahr, in
aller sinnlosen Buchstäblichkeit, ein Scheinwerfer nach dem anderen
wird ausgeschaltet, sie redet und redet, bis nur noch ein Spot auf ihr ist.
Dann wird auch der ausgeknipst. Ende, aus, scheißegal. |