Theater Corner: Jochen Roller: Mindgarden (HAU 3, Berlin, Mai 2004)

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Theater Corner
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Jochen Roller: Mindgarden (HAU 3, Berlin, Mai 2004)

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Jochen Roller: Mindgarden (HAU 3, Berlin, Mai 2004)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Ein Hinterhof, ein Treppenhaus, von oben Lärm wie von einer Party, die schon ziemlich heftig im Gang ist: HAU 3, off off Broadway von und mit Matthias Lilienthal, eklige Type, Ex-Volksbühnen-Dramaturg, jetzt Herr über drei Independent-Bühnen rund ums Hallesche Tor. Da steht er am Geländer, mitten im Gedränge einer Crowd, die vor Neid und Insidertum und Konkurrenzgefühlen vibriert, bezirzt von drei jungen Frauen, die wohl wollen, dass er was von ihnen will. Am Rand auf einem Stuhl eine ältere Frau, graue Haare, wahrscheinlich die Oma eines der Beteiligten, das geht sie alles gar nichts an. Verteilt werden Fragebögen "Publikum im Rampenlicht 2004", die erste Seite habe ich ausgefüllt. "Was streben Sie persönlich in Ihrem Leben an? Wie wichtig sind die folgenden Dinge für Sie? ein aufregendes Leben, Religion und Kirche, Freiheit und so weiter und so fort". Ja, sonst noch was. Hab das Blatt still zusammengefaltet und eingesteckt. Den Kuli hab ich mitgehen lassen.

Jochen Roller: Mindgarden. Ausverkauft, heiß, am Ende des kleinen Saals auf sieben Stühlen sieben Tänzerinnen und Tänzer. Einer tanzt und steht, eine Weile noch, es dauert, Nacheinlass, Leute sitzen auf den Treppen. Dann tanzt ein anderer. Und spricht, gehetzt. Tanzt, spricht, beschreibt, tanzend, sprechend, sein Zimmer. Mein Bett, mein Tisch, meine Ofenheizung. Gestisch unterstrichen, Tanz als Geste, Tanz als Illustration. Dann eine Videoeinspielung, derselbe Mann bewegt sich durch Berlin, ganz normal erst, dann immer wieder unterbrochen durch kurze Momente des Tanzes, silly walks. Im Probenraum. Man schreibt Wörter auf, die man vertanzen kann. Quatsch, Quatsch. Wochenende. Vertanz das mal. Hier findet der Abend zu seinem Prinzip. Verhandelt wird die Lesbarkeit des Tanzes zwischen Geste und Figur. Programmtanz, der aber immer wieder ins heillos Unlesbare entweicht. Vorgelesen werden Texte zum Schwänzeltanz der Biene, zur Kommunikation unter Neurotransmittern. Das wird getanzt. Dagegen aber stehen Schrifteinblendungen mit den Wörtern, die in der Videoeinspielung notiert wurden. Der Performer, der schon sein Zimmer vertanzt hat, tanzt nun den Neurotransmitter-Text und die dazwischengestreuten Wörter (Dribbeln, Wochenende, Quatsch, Quatsch). Es geht durcheinander. Später treten die einzelnen Tänzer ans Mikrofon, ein Ratespiel: Eine neurophysiologische Störung mit A. Wird dann vertanzt. Man rät und rätselt, mal erkennt man es, mal nicht. In der Lücke zwischen Erkennen und Nicht-Verstehen steht, als Witz und Ernst, die Frage nach dem Status des Tanzes: nach seiner Lesbarkeit, seinem Verhältnis zum Begriff, zum Bild. Große Momente. Brainy, sexy, funny stuff.

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