Schaubühne, Sasha Waltz, Impromptus. Schubert, später.
Erst die Stille. Zwei Tänzer, die sich beinahe nicht nahe kommen. Schiefe,
weiße Ebene, im Hintergrund wie holzgemasert eine parallelogrammoide
Hinterwand, an dünnen Fäden aufgehängt. Nach den zwei
Tänzern ein Pas de Deux, Mann Frau winden sich ineinander aneinander.
Zart, sehr zart. Schubert dazu, live am Klavier. Dann, schöner noch,
Schwebefiguren, Stillstellung - immer nur für eine Sekunde, zwei - zum
Tableau, zur Figur im Raum. Schattenspiele, auf dem Boden, an der Wand. Die
Mühelosigkeit dieses Schwebens in vollendeter Langsamkeit. Körper
schmiegen sich, schwebend, an Körper, Figuren an die Musik, Bewegungen
in den Raum. Das ist zu schön nicht um wahr zu sein, aber zu schön,
um dauern zu können.
Leider vergeht es nicht nur. Es folgt ein Absturz.
Gummistiefeltänze. Dazwischen noch Armfiguren, Bewegungsfiguren,
Gruppenbildungen. Letzte Hoffnung für einen Abend, der unversehens auf
eine schiefe Ebene in Richtung Kitsch und Dämlichkeit geraten ist.
Farbtanzerei, action waterpainting, Kreidezeichnung. Dann gedimmtes
Licht, Sasha Waltz bittet ihre wie stets erlesenen Tänzerinnenkörper
zum Bade. Wasserplanscherei zur Schubertmusik. Gesang zwischendurch. Das
Klavier wird zugeklappt, die Klavierspielerin geht. Später wird es wieder
aufgeklappt, Gesang wieder. Die Choreografie zerfasert, man sehnt den Beginn
zurück. Riesiger Applaus vom Charlottenburger Publikum. "Ich bin hell
begeistert", sagt draußen die ältere Dame mit der frisch verputzten
Dauerwelle. Impromptus. In Schönheit geboren, im Kitsch ersoffen. |