Ritwik Ghatak: Der verborgene Stern (Indien 1960)

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Ritwik Ghatak: Der verborgene Stern (Indien 1960)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Zur Tonspur hat Ritwik Ghataks Film "Der verborgene Stern" (wörtlich wohl: der von Wolken verdeckte Stern) auch Bilder in Schwarz und Weiß. Manche Großaufnahmen von Gesichtern sind dem Dunkel abgewonnen, die Kamera kommt ihnen nahe, entfernt sich, sucht in Antlitzen Ausdruck für ein Leid, den der Film in der Musik vor allem findet. Welch eine Bandbreite des Tons: Vom nicht-diegetischen Rauschen zum Spektrum zwischen harmonischem Streicherklang und Shankars Gesang und (vermeintlicher) aufgepeitschter Elektronik, da kommen die Darsteller, da kommen die Einstellungen nicht hinterher.

Die melodramatische Geschichte, die der "Der verborgene Stern" erzählt, ist dramatisch simpel, im Melos komplex. Anders als im Bollywood-Idiom, das Ritwik Ghatak als Drehbuchautor vertraut war, gibt es hier keine Zäsur zwischen Narration und Picturization - eine Zäsur, die das eine zum anderen in höchst komplexe Verhältnisse zwischen Spiegelung, Kommentar, Abschweifung, Traum, Emotion setzt. Der Verzicht auf die Zäsur aber erzeugt ästhetische Verwicklungen eigener Art. Die Musik fällt dem Film und seinem Zeigen ins Bild. Ansatzlos wechseln die Stimmungen des Tons - rascher als die Stimmungen, die das Melodram im Erzählen, im Zeigen induzieren kann.

Was so entsteht, ist implodiertes Masala-Kino: der eine Leidens-Ton der Geschichte, die immer wieder eher eindeutigen Einstellungen auf den Schmerz der Frau, der Tochter, der Schwester, die mehr ertragen muss als eine Frau ertragen kann, werden stets konterkariert durch Sinnvorgaben der Musik, die illustriert, was nicht zu sehen ist. Die hier ein Eigenleben führt, das aber das Eigenleben von Gefühlen ist, für die Nita, die Leidende, die sich Opfernde, keinen Ausdruck hat. Die Größe des Leids zeigt sich in der Unmöglichkeit seines Ausdrucks.

Noch der Sturm, das Unwetter, die wuchtigen Einstellungen der Natur und des Menschen darin sind eher Zeichen des Verlusts der natürlichen Beziehungen zwischen Mensch und Mensch und Mensch und Natur. Die Erlösung, im Gesang Shankars, der erfolgreich heimkehren wird, findet anderswo statt: in der neutralen Fremde, in Bombay. Bengalen, die nahe Fremde, die den aus Bangladesch Geflüchteten neue Heimat sein muss, entfremdet sie einander und noch den Einzelnen, die Einzelne sich selbst. Der Verfall des Vaters wie der blinde Eigennutz von Mutter und Geschwistern leiten sich her von der Flucht und weisen doch in die Universalität einer viel tieferen Entfremdung, zwischen Mensch und Natur. Am Ende wird Nita, die Sterbende, in den Wald und die Berge hineinrufen: "Ich will leben!" Das Echo, das zurückkehrt, ist keine Antwort.

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