Walerian Borowczyk: Goto, Insel der Liebe  (F 1969)

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Walerian Borowczyk: Goto, Insel der Liebe  (F 1969)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Lexikon-Eintrag Walerian Borowczyk

Goto, die Insel der Liebe, ist ein invertiertes Japan: Seit dem 19. Jahrhundert sich selbst überlassen, den eigenen degenerierten und degenerierenden Sitten und Gebräuchen und dem gelegentlich ausgetauschten Herrscher mit sadistischen Neigungen: Goto I bis III passen auf ein Porträtbild, von verschiedenen Seiten zeigt es, das führt ein Lehrer vor, je einen der Herrscher. Goto III, der Herrscher zu Beginn des Films, genießt den Gladiatorenkampf (ohne feste Regeln, wie es scheint), bei dem ein straffällig Gewordener den Kopf aus der Schlinge ziehen kann, während der andere unters Fallbeil kommt. Genüsslich sieht Goto zu, seine Frau Glossia an seiner Seite.

Die aber wird - Insel der Liebe - von zwei anderen Männern auch begehrt. Dem Reitlehrer, mit dem sie schläft und Gronzo, dem Mann, der alles will: die Macht und die Frau. Er siegt im Kampf und sieht den Kopf seines Widersachers fallen. Er wird zum Fliegentöter, Schuhputzer, Hundehüter. Die Fliegen übrigens sind ein zentrales, bizarres Thema in der Geschichte. Sie zu vernichten ist eine hoheitliche Aufgabe. Dann aber tötet der Fliegentöter den Herrn und schiebt die Tat einem anderen in die Schuhe. Sex und Crime, aber nicht im ausgespielten grafischen Detail. Borowczyk, der als Animationsfilmer große Erfolge hatte vor diesem ersten Spielfilm, modelliert eine schwarz-weiße Welt nach eigenem Gusto. Ein bisschen Kafka, ein bisschen allegorische Dystopie, Svankmajer wird davon gelernt haben können und vom Drolligen zum Grausamen ist es immer nur ein schneller Schnitt.

Der Schnitt ist, neben der liebevollen Ausstattung der Insel in topografische Details, deren Zusammenhang so unklar bleibt (das Meer, ein Aufzug, Hundezwinger, der Kampfraum, der Stall, Gelände) wie die Referenz auf unsere wirklichere Welt, das hauptsächliche Charakteristikum. Borowczyk beschleunigt gelegentlich ganz ungeheuer und verwischt die genaue grammatische Bedeutung des Schnitts: Zeitliche Montage (Rückblick, Vorausschau, gleiche Zeit, anderer Ort?), Fantasie, Metapher? Das Diskontinuierliche der Fantasie, der psychischen Ökonomien, des Raums, auch der Bedeutungen, der Lesbarkeiten und möglichen Verweise macht den Film aus, im Verwirrenden wie im Faszinierenden.

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