Aus dem Wald eine Horde wilder Tiere, Wasser trinkend an der Tränke.
Diese Tiere sind Kämpfer, Samurai. Im Haus, das die linke Bildhälfte
einnimmt in einer mehrfach wiederkehrenden Einstellung, zwei Frauen, Mutter,
Schwiegertochter. Sie werden vergewaltigt, das Haus wird niedergebrannt,
man sieht die verkohlten Leichen. Eine schwarze Katze, Spuren im Ton, Spuren
im Bild, dann knabbert sie an den Leichen.
Zeit vergeht. Die junge der beiden Frauen alleine im Bambuswald.
Ein Samurai auf einem Pferd, sie bittet ihn, sie durchs Dunkel zu begleiten.
Pferdehufgetrappel, von der jungen Frau kein Ton, sie schwebt durch den Bambus,
sie springt, wie schwebend, über eine Pfütze. Im Haus wird der
Samurai bewirtet, er bettet sich zur jungen Frau. Die beißt ihm die
Kehle durch. Weitere Morde, immer auf dieselbe Art. Ein Schweben, tonlos,
ein Trappeln, Blut an der Kehle, die Leiche wird im Wald gefunden.
Ein Krieger kehrt zurück, mit Auszeichnung,
er trägt nicht mehr den Namen seiner Herkunft. Er bricht nicht aus dem
Wald wie die wilde Horde, die die Frauen vergewaltigte und mordete. Er bekommt
den Auftrag, die Mörder der Samurais zu töten. Die Falle wird gestellt,
die junge Frau verführt ihn, aber sie tötet ihn nicht. Ihr seht
aus wie meine Mutter, meine Frau, sagt der Samurai. Die beiden schweigen.
Sie sind es und sie sind es nicht. Sie sind Gespenster, nicht von dieser
Welt. Sie sind die Revenanten der getöteten Frauen, zur Rache gerufen,
zurück ins Leben. Und zugleich sind sie Katzenwesen, wandeln ihre Gestalt.
Kuroneko spielt in einer, nein: entwirft eine
Zwischenwelt aus sanft gleitenden Kamerabewegungen, elektronisch
verstärkten Geräuschen auf der Tonspur, die zu jeder Bewegung der
Frauen schweigt. Der Bambuswald ist abstraktester Raum, die Stangen, ein
Rauschen, die Hufe, Grau vor Schwarz vor dem Weiß der Kleider und der
Gesichter. Die Bewegung ist abstrakteste Bewegung, reduziert beinahe auf
den Ton, der ihr im Studio angedichtet wird. Tableaus, die sich auflösen
in Bewegungs- und Geräuschvektoren. Der Samurai vor dem Wald, der eine
Bühne ist, im Haus, das eine Bühne ist. Theaterwelt, Flug,
Schwertschlag, No, Tanz, Reduktion aufs Gestische. Im Spiel, im Ton, im Schnitt.
Der Kern der Geschichten von Geistern. Die Begegnung,
die Überschreitung, die Verbindung, die Vermischung der Welten, das
Lebende, das Untote. Der Samurai schläft mit dem Geist, der seine Frau
ist. Das Glück ist erkauft, nur weiß er es nicht. Sie geht in
die Hölle, der Preis der Vermischung ist Aufschub und im Aufschub zugleich
die deutliche Scheidung der Sphären: Sie werden sich sieben Mal lieben,
dann die Ewigkeit des Todes, der Hölle. Die junge Frau verlässt,
ohne Wiederkehr, die abstrakte Welt des Theaters, des Films, des Waldes
der Untoten. (Keine Erlösung.)
Es bleibt der Kampf zwischen dem Samurai und seiner
Mutter, die nicht seine Mutter ist. Die direkte Begegnung im Schwerthieb
produziert auch hier eine vereindeutigende Materialität: der abgeschlagene
Arm verwandelt sich in eine pelzige Katzenpfote, die nun in der Welt der
Lebenden am falschen Platz ist. Die Rückeroberung bedeutet endgültige
Trennung. Der Samurai bleibt zurück, allein in der Welt, verlassener
als zuvor. Das Lachen der Katze, ein Ende mit Schrecken.
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