Edgar G. Ulmer: Ruthless  (USA 1948)

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Edgar G. Ulmer: Ruthless  (USA 1948)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Bewundernswerte Ökonomie: Eine Autofahrt, am Beginn, als Beginn, ein Gespräch, die ambivalenten Gefühle Vics gegenüber Horace Vendig, Mallory hört ihm zu. Die Ankunft, eine Annäherung, die Kamera verharrt kurz knapp vor der Decke eines Durchbruchs in den großen Saal des großen Anwesens des großen Vendig, der erst nicht zu sehen ist. Und eine weitere Einstellung lang, eine Totale auf die Versammelten, nicht zu sehen ist. Dann die Großaufnahme, schon liegt eine Spannung zwischen den Figuren, den beiden, die eine gemeinsame Vergangenheit haben, aber auch der dritten, die dazwischen tritt oder dazu, wie es scheint: Mallory. Sie aber ist die Entscheidungsfigur, an der sich die Verhältnisse klären werden. Und sie ist die Figur, die auf mysteriöse Weise Gegenwart und Vergangenheit verknüpft zu einem geflochtenen Band aus Verschiebungen, Wiederholungen, Aushandlungsszenarien.

Vendig, Vic und Martha, eine erste Rückblende. Vendig rettet Marthas Leben, er flieht in eine Zukunft, die er fest vor Augen hat. Martha, die ihn liebt. Vendig, der von seinem Vater enttäuscht ist, der mit anhören muss, dass ihn seine Mutter für einen anderen Mann am liebsten zurückließe. Der flieht, in die Nacht, zu Marthas Haus. Er steht und starrt im Dunkeln, das Fenster öffnet sich, Martha, strahlend, licht sieht heraus, sieht ihn nicht. Er geht weiter, sieht im Licht, hinter dem Fenster den Vater und, ein paar Schritte weiter, die Kamera sieht, und zeigt, was er sieht, in der Küche die Mutter. Die Mutter, die er sich erwählt, Ulmer konstruiert gleich darauf ein Dreieck aus Geliebter, Wahlmutter, Vendig, der dem ganzen die Täuschungsstruktur zu geben weiß. Der Marthas Blick auf sich zieht, in ihrem Blick die Kraft erst gewinnt, sie zu täuschen und zu verraten. Und Vic, der Martha liebt und nobel verzichtet. Die Liebe und das Geschäft. Der designierte Schwiegervater ebnet den Weg nach Harvard. Dort gerät Vendig in noch bessere Gesellschaft und lässt Martha zurück. Ob er lieben kann, überhaupt, ob Liebe etwas anderes sein kann als eine verschobene Besetzung der weiblichen Person mit im Grunde blankem Ehrgeiz, das wird die Frage sein, auf die das Ende erst eine endgültige Antwort gibt.

Martha verschwindet und Martha verschwindet nicht. In der zweiten Rückblende, die Geschichte des finanziellen Aufstiegs an der Wall Street, die Geschichte des moralischen Bankrotts. Buck Mansfield, dem Tycoon, entwindet er die Frau und damit alle Kraft. Sidney Greenstreet, mit dem massiven Körper des späten Brando, in der Fülle, im Glanz seiner Macht - und dann zerstört, ein Wrack. Eine Figur, die einem Sympathie abringt im nicht zu verwindenden Schmerz, den sie erfährt. Die tiefe Demütigung vor dem Spiegel: die junge Frau, der alte Sack. Sieh dich doch an, sagt sie. Berühr mich nicht. Lange verharrt die Kamera auf dem Gesicht, dem Körper im Spiegel, dem Blick des alten Mannes auf sich, die lange geschwundene Jugend.

Im Hin und Her von Vergangenem und Vergangenes aufrufender, verhandelnder, wiederholender und zuspitzender Gegenwart wird schlagartik klar: Martha, die verschwunden ist, ist wiedergekehrt. Mallory ist Martha, ein atemberaubender Besetzungscoup. Buchstäblich, allem Realismus zum Hohn: Es geht um dieselbe Frau, es geht um die Wiederholung, die Entscheidung. Nicht ausbleiben kann die Kulmination. Am Pier, draußen. Ein Duell, das als Durcheinander inszeniert ist. Eine Klärung, die nichts säuberlich auflöst. Das Wasser, der Tod, die Liebe, der Verrat. Ein Morality Play, am Ende, das der letzten Beruhigung zu widerstehen weiß.

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