Als wäre es der Überschuss übers bloß dokumentarische,
verzeichnende Interesse am Gegenstand, sind die ersten Minuten fast durchweg
Kamerabewegung, durch die Bibliothek hindurch, eine Balustrade außen
entlang, Fahrten durch Räume, die auch einmal immer weiter auf die
weiße Decke und die Deckenleuchten sich zu bewegen und im fast nur
noch Weißen dieser Decke enden. In diesen Fahrten steckt ein Enthusiasmus,
der in den Worten des Sprechers als Pathos weniger seine Verdopplung als
Steigerung erfährt. Es gibt, scheinen die Bilder und Worte zu sagen,
kaum einen großartigeren Ort als diesen hier, die Bibliothèque
Nationale. Gezeigt wird, wie Säcke mit Zeitschriften, Zeitungen,
Büchern anlanden, gezeigt werden die Kataloge, in denen alles zur
Auffindbarkeit verzettelt wird, gezeigt wird der Weg eines Buches hinein
ins riesige, der Unendlichkeit sich nähernde Archiv. Zur alles
Schulfilmhafte von der ersten Sekunde an weniger Unterlaufende als
Überschießende der Kamera in Bewegung - die im übrigen auch
das Archiv als einen Ort ständiger Bewegtheit des Materials vom einen
Ort zum anderen sichtbar werden lässt -, kommt die Musik von Maurice
Jarre, deren kühl treibende Rhythmen eher einem Kriminalfilm
zuzugehören scheinen als dieser Belebung eines Hauses, dieser Feier
der Vollständigkeit, die in einer enggeführten Bewegung von Text
und Bild die Tatsache, dass niemand wissen kann, was einst bedeutend sein
wird und dass daher alles, und zwar ausnahmslos, gesammelt werden muss,
demonstriert, indem sie eine der eleganten Kamerafahrten auf dem Close-Up
eines zu verzettelnden Dick-Tracy-Comics enden lässt. Nach zweiundzwanzig
Minuten endet dieser Hymnus, eine Vorführung der, sei es höchst
alteuropäischen, Darstellbarkeit: des Archivs, der Bibliothek, des
Gedächtnisses der Welt.
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