"Death Bed", der Film nimmt es wörtlich, im Untertitel und
nicht nur da: "The Bed that Eats". Das finden Sie komisch. Das ist es auch,
aber es ist, in anderen Momenten, der blanke Horror. Und es ist, in anderen
Momenten, surreal, sehr surreal. Das Bett frisst Menschenfleisch, aber es
ist nicht wählerisch. Ein Apfel wird verspeist, ein Hühnchen, eine
große Tasche. Das sieht so aus: ---. Nein, erst einmal sieht es gar
nicht aus. Eine Minute lang, zu Beginn, bleibt die Leindwand schwarz, man
hört Kaugeräusche. Das Bett kaut. Dann hört man eine Stimme,
es ist die Stimme von Aubrey Beardsley. Aubrey Beardsley sitzt in einem kleinen
Verschlag hinter einer Grafik, die er gezeichnet hat, vom Bett. Er sitzt
seit sechzig Jahren da, untot, die Kamera nimmt ihn ins Bild und von seiner
Seite aus ist die Zeichnung halb durchsichtig, man ahnt das Bett dahinter,
mit dem er spricht. Dessen Gedanken und Gefühle er kennt. Das Bett,
das ihm Gegenstände, man weiß nicht wie, zuspielt, ein Kreuz,
nur zum Beispiel.
Vier Kapitel: Breakfast, Lunch, Dinner, The Just Dessert. Das ist
der Humor des Films, seine Logik ist die des aus dem Rahmen der Geschichte
fallenden Spektakels. Der Spektakel, sie sind verschiedener Art. Ein Apfel
wird verspeist, ein Hühnchen, eine große Tasche, ein Liebespaar
(alles schon vor den sehr sparsamen Credits). Das sieht so aus: ein gelblicher
Schaum quillt auf, der Apfel, das Hähnchen, die Tasche versinken im
Bett. Dann eröffnet die Kamera einen anderen Raum, den Magen des Bettes,
gelblich-rötlich blubbernde Ursuppe, durchzogen von Blut und aufsteigenden
Luftblasen, bizarr schön, als hätte, daran kann man denken, Bill
Viola schlechte Scherze, nicht Metaphysik im Sinn. Später, in dieser
Suppe: ein Kreuz und, selbstironischstes Moment des Films, ein Medikament
zur besseren Verdauung. Zunächst aber, vor dem Vorspann: Kaugeräusche,
Verdauungsgeräusche, das Bett als Theaterbühne, der Mord geschieht
hinter geschlossenem Vorhang.
Das wird sich ändern. Aubrey Beardsley wird die Legende
erzählen, aus dem 19. Jahrhundert, die das Bett zum Bett, das
frisst gemacht hat, ein Dämon mit roten Augen wird seine Rolle spielen,
Blut und eine junge Frau, die untot in ihrem Grab liegt gleich nebenan. Das
Hauptspektakel, übrigens, auf den ersten Blick sehr horrorkonform: Drei
Frauen nähern sich dem Haus, dem Nebengebäude, in das das Bett
verbannt ist. Die eine wird das Bett verschlucken, sie wird sich befreien,
über den Boden schleppen, dann fängt sie das Bett mit dem Laken
wie mit einem Lasso wieder ein. Die andere ist da bereits tot. Die dritte
wird zur Erlöserin. Ein Mann wird auftauchen, dem das Bett das Fleisch
von den Händen zutzelt, er hat keine Schmerzen, aber er ist sehr
verstört, keine Stümpfe am Unterarm, sondern das abgenagte
Fingerskelett, er sitzt an der Wand und braucht Trost.
Das Famose an "Death Bed" ist, wie, zum einen, die Stimmungen kippen
und doch, zum anderen, in sich beinahe rein bleiben. Horror und Komik. Spaß
und Entsetzen. Und ein ganz unerwarteter Sinn für Poesie, Rosen etwa,
frontal ins Bild gerückt, die aus dem Schädel eines Opfers wachsen.
Unerklärte Umverteilungen von Gegenständen. Das Kreuz in der Hand
von Aubrey Beardsley, der Schädel im Gras, das Bett im Freien. Unreinheit
im Stil: Die Vorgeschichte als Newsreel, Hollywood-Imitat. Höchst effektiv
die eine oder andere Todesszene, einmal sieht man, wie das Bett nach dem
Kreuz greift und den Hals des Opfers mit der Kette schlitzt, die hin- und
herfährt. Eine Großaufnahme, wie ohnehin George Barry keinen
schlechten Sinn für die filmischen Mittel hat. Das Blut in der gelblichen
Suppe, Fäden ziehend. Mal bizarr das alles, mal beinahe atemberaubend.
Mal denkt man an David Lynch, mal an Monty Python. Es lag kein Segen über
der Produktion, der man dreierlei ansieht: den Mangel an Geld, den Willen
zur grotesken Fantasie, das Talent zur surrealen Verfremdung.
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