Ein Vorhang wird geöffnet, wir sehen die Vorbereitungen zum
Theaterstück, die Ankunft der Theatertruppe. Wir sehen das Haus, den
Autor, die Darsteller. Dann der Auftritt des Publikums, die Frau des Bruders,
der verstorben ist, ein Telegramm ruft sie auf die Bühne. Die Bühne
ist das Haus. Das Theaterstück wird inszeniert, um sie zu töten.
Eine "Gaslight"-Geschichte mit erheblich größerem Aufwand. Was
passiert, passiert nur für das Opfer, das von der Darstellung
überwältigt werden soll.
Die Kamera verweigert jede Übersicht über das Haus, das die Bühne
ist. Gänge, Ecken, Türen. Angelehnte Türen, geschlossene,
sich öffnende Türen. Durchblicke. Fluide sind die Bewegungen der
Kamera, die den Figuren folgt. Scharf mitunter die Schnitte, die die Orientierung
im Raum unmöglich machen. Die Kamera macht den Raum des Films zum
Bühnenraum, indem sie ihn schließt, indem sie immer neue Räume
eröffnet, in die sie Einblick erlaubt, um sie in der Verweigerung des
Überblicks sogleich zu schließen. Es gibt den Keller, Treppen,
Arbeitszimmer, die Küche für das Personal, das von der Theatertruppe
gegeben wird. Außenräume wirken kaum weniger geschlossen, kaum
weniger kulissenhaft als das Innere des Hauses. Entkommen, das zeigt sich
immer wieder, ist auch nach draußen nicht möglich.
Es mangelt den Räumen an Klarheit, aber auch der Unterscheidung zwischen
Ernst und Spiel. Die Grundanordnung ist eindeutig: Der Auftraggeber ist der
Autor, mit ihm im Bunde ist die Schwester. Das Publikum ist das ausersehene
Opfer. Im letzten Akt soll das Stück, das gegeben wird, ans einzig logische
Ende gelangen, indem es die Zuschauerin, die als Opfer Beteiligte wird,
tötet. Nur sie verwechselt die Kulissen mit der Wirklichkeit, auf sie
zielen die Effekte des Theaters: Masken, dramatische Auftritte,
Türenschlagen.
Ins Spiel kommt der Kommissar. Seine Erkenntnis des wahren Sachverhalts
könnte heißen: Ende des Spiels durch Erkenntnis des Spielcharakters
mit tödlicher Absicht. Es kommt anders, die Auflösung verbleibt
im Theatralen, das seinen Status aber verändert hat. "Es hat kein Verbrechen
gegeben". Nur ein Stück: für uns. Wir sind die eigentlichen Zuschauer,
aber eine privilegierte Stellung haben wir kaum. Der Betrachter wird kaum
ins Vertrauen gezogen, der Film eröffnet immer neue Räume, in die
wir gezogen werden, um Einblicke zu erhalten; der Überblick aber bleibt
verweigert. Am Ende, das ist klar, wir dein Vorhang gezogen. Ein Auto fährt
ab, Abspann. Wir können kaum sagen, worum es in dem Stück ging,
für wen es gespielt wurde und wie es eigentlich ausging.
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