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Jean-Luc Godard, Anne-Marie
Miéville: The Old Place (Schweiz/USA 1998/9)
Von Ekkehard Knörer |
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Was die Kunst ist, im Angesichts des Schreckens. Was das
Kino ist, neben der Realität. Was die Bilder sind, was die Worte. Wie
man eins mit dem anderen in Beziehung setzt. The Old Place, die alten
Fragen. Godard bleibt Godard, hier ins Meditative gewendet. Anne-Marie
Miéville und er selbst lesen die Texte, die um die Bilder wabern,
mal grandios unverständlich, mal banal, von Blanchot bis Godard und
wieder zurück und auf dem Weg, den das Pathos pflastert und die Melancholie
umrankt, bleibt mitunter bestimmbarer Sinn auf der Strecke. Die Kritik, um
etwas damit anfangen zu können, bringt Godard gerne auf Thesen (Kritik
an den Medien, am Abendland schlechthin und Hollywood sowieso) und verfehlt
damit die Form. Die Form ist Versuch. Versuch, neu zu relationieren. Stimmen,
Bilder, Gedanken. Was widerfährt Gedanken, und seien sie noch so halbgar,
wenn sie mit einem Bild, das bewegt, in Kontakt treten. Was entspringt aus
dieser Vermischung, falls es eine Vermischung ist. Alte Fragen der Montage.
Kommen ein Wort und ein Bild ins Gespräch? Ist's nur Agitprop?
Verrätselt es sich, wird das Bild opak unterm Text, wird der Text opak
unterm Bild? Wo ist der Autor, gibt es einen Autor? Ist die Intention im
Arrangement? Einen kurzen Auftritt als Geister haben Godard und Miéville,
sie sitzen in der Mitte des Bildes, als eine seiner Schichten. Erzählt
wird hier keine Geschichte des Kinos, keine Geschichte der Kunst. Ja, der
Geschichte der Kunst als Kunstgeschichte wird in geschickten Manövern
ausgewichen. Godard lässt es sich nicht nehmen - er ist streng, nie
rigide -, Lieblingsbilder zu filmen, Lieblingskunst zu zeigen, Ausschnitte
aus Lieblingsfilmen. Jedenfalls arrangiert er sie, filmt er sie, als liebte
er sie. Die zappelnde Leinwand im Raum, die Spinne, die im Hintergrund des
Bildes, die den weißen Hintergrund verwindet. Kunst als
Grundlagenforschung. Gedankenexperimente. Was würden wir der Zukunft
geben, damit sie uns kennenlernt. Ein Auftrag: Jeden Tag ein Griffith-Film.
Godard, Miéville als Nostalgiker. Die sie sind. Aber sie machen weiter,
setzen Bilder gegen die Bilder, auch gegen sich selbst. Traum, Kino, Legende,
die Schrift, die nichts strukturiert, nur eine mögliche Gedankenverbindung
vorgibt. Aber ist es gesagt, dass man das Verhältnis von Bildern,
Geschichten, Gedanken, Kunst, Leben, Mythos, Realität so denken muss.
Dass man es überhaupt in Wörtern denken muss? The Old Place
endet mit einer alten Geschichte, einer Fabel um ein Fabelwesen. Wie
überhaupt die Tiere hier figurieren, man weiß nur nicht wie. Lass
uns niemals auf einfache Gegensätze verfallen, Natur und Kunst, Unschuld
und Schuld. Der Film entstand im Auftrag des Museum of Modern Art,
New York. Man kann es sich denken, wenn man es weiß. Es ist reiner
hybrider Godard/Miéville.
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