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Schwerpunkt Asien: Das Kino Japans

 

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zu den neueren japanischen Filmen
 

Kikujiros Sommer (Regie: Takeshi Kitano, 1999)

Rezension von Ekkehard Knörer

In den früheren Filmen war es eine Frau (die Schwester/die Ehefrau), der die Zärtlichkeit der ultrabrutalen Hauptfigur galt. Hier ist es der kleine Junge - der aber weniger Gegen- als Spiegelfigur ist, dem es vorzuführen gilt, was es bei einem Erwachsenen heißt, auf alles Erwachsen-Sein Verzicht zu tun. Wenn das als Therapie gegen den Verlust der Mutter taugt, umso besser. Das tut es übrigens überaus gründlich, denn was der Film inszeniert, ist das Ende der Familie als Blutsverwandtschaft, die Errichtung einer geradezu utopischen neuen Gemeinschaft der Außenseiter und Verlierer.

Audition (Regie: Takashi Miike, 1999)

Rezension von Ekkehard Knörer

Takashi Miikes Festival- Schocker um einen Mann auf der Suche nach einer Frau. Was er findet, ist ein einziger Alptraum.

"Die krassen, kaum zu ertragenden Bilder (und Geräusche!) fordern ganz unabweislich die Ambivalenz, um nicht reiner Selbstzweck zu sein, nichts als Lust am Schock. Gelegentlich scheint Audition, und daher rührt ein zuletzt nicht ganz beiseite zu schiebendes ästhetisches Unbehagen, auf die Seite reinen, naturalistisch inszenierten Horrors zu kippen. Stärker, viel stärker, ist er in den Momenten, in denen er klarer, wenn man so sagen kann, auf Ambivalenz setzt."
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After Life (Regie: Hirokazu Kore-eda, 1998)

Rezension von Ekkehard Knörer

[Image]Kore-eda kommt vom Dokumentarfilm und das merkt man auf Schritt und Tritt. Viele der Darsteller sind Laien, viele der Erinnerungen (der Laien wie im übrigen auch der professionellen Schauspieler) sind "authentisch", sichtlich nicht auf Rührungseffekte hin zurechtgelegt, ja zum guten Teil: schlicht und einfach banal. Auch die Kamera, die viel still hält in langen Einstellungen, liebt vor allem Talking Heads, es ist, hier und auch sonst nicht, fast kein narrativer Luftzug in diesem Film zu spüren, der die eine Woche, in die er die allmähliche Verfertigung der ewigen Erinnerung packt, ohne Hast abschreitet.

Kizuna (Kichitaro Negishi, 1998)

Rezension von Ekkehard Knörer

Ein Mord geschieht und alle Beteiligten - der Zuschauer nicht zuletzt - haben Mühe, ihn zuzuordnen: Yakuza, Melodram oder Krimi? Der Film prallt dabei von einer Bande zur anderen und verliert jedesmal, wenn er von hier nach da gerät, genau jene Intensität, die er zuvor mit viel Mühe aufgebaut hat.

The Ring (Regie: Hideo Nakata, 1998)

Rezension von Elisabeth Wolf

Statt auf Effekthascherei und Gewaltorgien setzt „The Ring" auf Atmosphäre und baut langsam aber effektiv eine drückende Spannung und allgegenwärtige Bedrohung auf. Regisseur Nakata versteht es meisterhaft, mit den instinktiven Urängsten seiner Zuschauer zu spielen. Der Imagination der Zuschauer wird viel Raum gelassen, denn was könnte beängstigender sein, als was man nicht weiss, wo alles möglich ist und die ganze Vorstellungskraft zum Zuge kommt ?

Shohei Imamura: Der Aal (Japan 1997)

Kritik von Ekkehard Knörer

Der Film beginnt drastisch und blutig, im weiteren Verlauf aber bleibt er sanft gestimmt, so ruhig und zurückhaltend wie sein Held, der der Welt abhanden bleiben will. Im Grunde ist Der Aal die Geschichte einer Resozialisation, die auf allen sentimentalen Humanismus verzichtet. Alle Wiederannäherung des Helden an die Welt verläuft zögernd, den Kleinigkeiten gilt größere Aufmerksamkeit als dramatischen Wendungen.

Cure (Regie: Kiyoshi Kurosawa 1997)

Rezension von Ekkehard Knörer

"Die Figur Takabes ist das Zentrum des Films, um das die Figuren als Variationen des Grundmotivs - das Fließen der Grenzen von Identität und Erinnerung, von unbewussten Wünschen und bewusster Kontrolle über die eigenen Handlungen - gruppiert werden. Zuletzt findet sich Takabe selbst jenseits der Grenze wieder - und Cure geht mit zwei rätselhaften Schlusseinstellungen noch einen Schritt weiter, verweigert zuletzt auch dem Zuschauer die klare Unterscheidung zwischen Fantasie und Realität."

Shall we Dance? (Regie: Masyuki Suo, 1996)

Rezension von Ekkehard Knörer

Der Tanz ist die glückliche Metapher für die langsame, buchstäblich schrittweise Befreiung aus den Engpässen der Konvention und des japanischen Büroalltags. Eleganz ist der eine mögliche Gegenentwurf, Leidenschaft, Exzess ein anderer. Das Tanzen ist eine Verschwörung der Außenseiter, die Tanzfläche das Projetkions- und Therapiefeld für anonym Sehnsüchtige. Körper, die ganz Tanz geworden sind, fallen, noch und gerade in der Irreduzibilität auf die normale Alltagsbewegung, in eine merkwürdige, identifzierbare Exzentrizität des Bewegens. Tanz ist Gegenwelt, die ausgreift auf das alltägliche Leben.

Maborosi (Hirokazu Kore-eda, 1995)

Kritik von Ekkehard Knörer

Es ist, wie es ist. Das ist es, was jede dieser langen Einstellungen zu sagen scheint. Es ist nicht gut, aber es ist. In der Schönheit der Bilder liegt kein falscher Trost, aber doch ein Blick, der zeigt, dass auch anderes ist als die Trauer und die Verzweiflung. Und anderes, auch das, als das Glück. In den letzten Einstellungen sind die Menschen verschwunden. Man sieht die Landschaft, das Meer, den Fels. Und dann, zuletzt, der Blick durchs Fenster. Von innen nach außen. Vom Dunklen ins Helle.

Mamoru Oshii: Ghost in the Shell (Japan 1995)

Die künstliche Schwerelosigkeit, die Leichtigkeit als Prothese. Das Auftauchen als schizophrene Begegnung mit dem Spiegelselbst, die enttäuschende Rückkehr ins Individuum – das sofort sich, seine Identität, seine Erinnerung zu befragen beginnt. Das andere Ich vergeht in der Wirklichkeit als Schein. Das artifiziell verkörperte Ich, das an sich zweifelt, aus dem die fremde Stimme spricht. Differenz von Schizophrenie und Verschmelzung, die nicht aufgelöst wird. Der exterritoriale Ort: der Fluss. Auch den muss die Heldin hinter sich lassen.

Hundert Jahre japanisches Kino (Regie: Nagisa Oshima, 1994)

Rezension von Ekkehard Knörer

Fast ärgerlich, dass der Film das Ansehen natürlich dennoch lohnt: einzig des präsentierten Materials wegen, an das man sonst nur schwerlich herankommen dürfte. Hätte man jedoch die Ausschnitte aus den Klassikern untertitelt und auf den Kommentar verzichtet: man hätte dem japanischen Film mehr gedient.

Klassiker

Im Reich der Sinne (Regie: Nagisa Oshima, 1976)

Rezension von Ekkehard Knörer

Thema und Darstellung sind in Im Reich der Sinne eins. Es gibt keine Indirektheiten, Andeutungen, keine Metaphern und Symbole. Alle Aktion, jeder Blick ist direkt, alles steht für das, was es ist. Die Repräsentation ist ganz und gar flächig. In dieser Hinsicht wiederholt der Film in der Form die Obsession seiner Figuren. Daher auch muss er alles zeigen: die Wiederholungen, die langsame Steigerung, die sexuellen Einzelheiten, das Ei und das Blut.

Seijun Suzuki: Abrechnung in Toko (1966)

Rezension von Ekkehard Knörer

Das Genre wie der Plot sind kaum mehr als Hintergrund in Tokyo Drifter, verschwinden hinter der furios stilisierten Oberfläche der Bilder. Das Topische treibt Blüten, hinter deren Buntheit die Geschichte zum Vorwand zusammenschrumpft. Der Film ist beinahe reine Manier, verliebt in die Ausmalung, nicht in den Zusammenhang, den sie zum Stoff vielleicht hat. Das Yakuza-Genre löst sich vor den Augen des Betrachters auf in Pop-Art-Variationen. Die Figuren verschwinden im Bild, die Frontverläufe im Farbzusammenspiel von Vorder- und Hintergründen.

Shohei Imamura: Stolen Desire (J 1958)

Rezension von Ekkehard Knörer

Der Film nähert sich seiner Geschichte von oben (die Kamera), auktorial (eine Erzählerstimme), situierend (historisch: dies ist Osaka, von den Spuren des Krieges nichts mehr zu sehen), repetitiv (der Turm, der im ersten Teil das Leitmotiv bleibt, das Wahrzeichen der Stadt). Das aber ist nichts als ein Mastershot-Eingang, wenn man so sagen kann, denn weiter geht es im Kleinen, menschlich, allzumenschlich, der Atem des Historischen und auch des Auktorialen geht dem Film ebenso rasch aus wie die Vogelperspektive

Shiro Toyoda: Yukiguni (1957)

Rezension von Ekkehard Knörer

Der Film beschränkt sich weitgehend aufs Kammerspiel zwischen Shimamura und Komako, ein Hin und Her der kaum ausgesprochenen Gefühle, dessen postulierte Intensität sich nie überzeugend darstellt. Selbst die klaustrophobische Atmosphäre aus Helligkeit und Schneemassen überträgt sich nicht, zu sauber abezirkelt sind die Einstellungen in Innenräumen, zu bieder ist alles in Szene gesetzt.

Akira Kurosawa: Bericht über ein menschliches Wesen (Japan, 1955)

Kritik von Dagmar Hotze

Indem Toschiro Mifune die innere Zerrissenheit des Patriarchen sichtbar macht, lässt der den Zuschauer erahnen, welche Gratwanderung sich in dem Land der aufgehenden Sonne, seit den 50iger Jahren vollzieht. Ein kleines, vergessenes Meisterwerk.     

Yasujiro Ozu: Ich wurde geboren, aber... (Japan 1932)

Rezension von Ekkehard Knörer

Wichtig, wünschen die Kinder, soll der Vater sein, aber er ist es nicht. Die Kamera ist bei ihnen, weiß aber immer schon mehr. Auf ihrer Augenhöhe weiß sie schmerzlich um die Unlösbarkeit der Konflikte, die die Kinder noch heroisch austragen. Die Kamera kennt keinen Widerstand gegen das, was sie zeigt, die Härte ihrer Beschreibung liegt im Negativen: im Verzicht auf alle Sentimentalität. Sie zeigt und zeigt. In Bewegung ist sie mit den Kindern, identifiziert sich - scheinbar - mit ihnen im Travelling, begleitet sie auf ihrem Weg, auf ihren Wegen, den immerselben.

Porträt

Porträt des Regisseurs Hiroyuki Nakano

Ein Porträt von Dagmar Hotze

Das japanische Underground-Kino hat in den vergangenen Jahren wohl einige der bizarrsten und skurrilsten Filme hervorgebracht, die die Kinowelt je gesehen hat. Sicherlich, alles was aus Nippon zu uns gelangt ist im Moment "cool" und "hip", doch es ist unverkennbar, dass die dortige Multimedia-, Videoclip- und Kinolandschaft etliche interessante Regisseure, Künstler und Musiker sowohl anzieht als auch hervorbringt und gemeinsame Projekte realisieren lässt. Einer davon ist der 1958 in Fukujama, in der Präfektur Hiroshima, geborene Hiroyuki Nakano, der durch den Rock'n'Rock Samurai Film Samurai Fiction (1998), einer Synthese aus traditionellem Samuraifilm und moderner Videoclipästhetik, bei uns bekannt wurde.

Buch

Contemporary Japanese Cinema

Rezension von Dagmar Hotze

Für Kenner des japanischen Kinos bietet sich diese leicht lesbare Lektüre besonders als Nachschlagewerk an, da die 265seitigen alphabetisch geordneten Filmbesprechungen in ihrer Ausführlichkeit keine Wünsche offen lassen. Die (noch) Unkundigen erhalten einen Überblick über das japanische Schaffen jenseits der Manga-Welt und wünschen sich ein Kino in ihrer Nähe, dass bald eine Japan-Filmreihe auf dem Programm hat.

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